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CDU-Vize Linnemann fürchtet dramatischen Fachkräftemangel - „Dann kostet das Schnitzel 39 Euro“

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Von: Sebastian Horsch

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Der Fachkräftemangel in Deutschland ist mittlerweile gravierend. CDU-Vize Carsten Linnemann fordert daher, Steuerfreiheit für alle arbeitenden Rentner.

München – Die Babyboomer gehen in Rente und der Nachwuchs kann sie zahlenmäßig nicht ersetzen. Der demografische Wandel bedroht nicht nur die Tragfestigkeit des Rentensystems, auch die Wirtschaft fürchtet einen noch stärkeren Fachkräftemangel. CDU-Vize Carsten Linnemann fordert deshalb Steuerfreiheit für alle, die im Rentenalter weiter arbeiten.

Herr Linnemann, Sie warnen davor, dass sich der Fachkräftemangel in Deutschland dramatisch zuspitzen wird. Was kommt auf uns zu?

Der Arbeits- und Fachkräftemangel zählt zweifelsohne zu den größten Herausforderungen der kommenden zehn Jahre. Schon jetzt wird überall Personal gesucht. Und es sieht so aus, als würden wir mittelfristig sogar ein Viertel unserer Fachkräfte verlieren. Im Handwerk, im Gesundheitswesen, im Mittelstand – überall wird es deutlich enger, wenn ab 2025 die Babyboomer-Jahrgänge ins Rentenalter kommen, und jedes Jahr deutlich weniger junge Arbeitskräfte nachrücken. Die Politik darf nicht so tun, als ließe sich das einfach lösen. Wir stehen vor einer außergewöhnlichen Situation, und müssen deshalb außergewöhnliche Maßnahmen ergreifen.

Was schlagen Sie vor?

Ich schlage eine „Aktivrente“ vor. Das würde bedeuten, dass jemand, der das gesetzliche Rentenalter erreicht hat, aber gerne weiter arbeiten möchte, sein Gehalt steuerfrei bekommt. Er müsste dann nur noch die Sozialbeiträge entrichten. Das wäre ein attraktiver Anreiz, länger zu arbeiten.

Linnemann: „Ich warne davor, das Potenzial der Zuwanderung zu überschätzen“

Kritiker könnten einwenden, dass sich die Unternehmen so Geld sparen, indem sie günstiger Ältere weiterbeschäftigen, statt Jüngere einzustellen...

Das würde die Tragweite des Problems verkennen. Wir brauchen diese Leute dringend, selbst wenn sie am Ende nur Teilzeit arbeiten. Alle würden davon profitieren. Der Staat von zusätzlicher Kaufkraft, der Rentner von mehr Netto am Monatsende und der Arbeitgeber von den zusätzlichen Fachkräften. Wenn wir aber nichts ändern, werden wir irgendwann in einem Land leben, in dem Restaurants, die nicht mehr jeden Tag öffnen können, 39 Euro für ein Schnitzel verlangen müssen. Und wenn Sie zu Hause einen Wasserschaden haben, warten Sie dann drei Wochen auf den Installateur, der für die Stunde 300 Euro verlangt. Das würde unsere Gesellschaft spalten.

Lässt sich das nicht auch durch Fachkräfte-Zuwanderung verhindern?

Ich warne davor, das Potenzial in der Zuwanderung zu überschätzen. 2021 kamen aus Drittstaaten außerhalb Europas rund 531 000 Menschen zu uns. Nur rund 40 000 davon kamen zu Arbeitszwecken, also nur gerade einmal jeder 13. Im Vergleich dazu haben wir jährlich 50 000 Menschen in unserem Land, die die Schule ohne Abschluss verlassen. Und rund 600 000 Menschen im Alter zwischen 18 und 24, die weder einer Arbeit noch einer Ausbildung nachgehen. Mit anderen Worten: Es wäre viel attraktiver, das Potenzial im Inland besser zu nutzen, als nur auf immer mehr Zuwanderung zu setzen. Wenn man allein die Hürden für die Zuwanderung senkt, ist das für viele ein Anreiz nach Deutschland zu kommen, die hier am Ende im Sozialsystem landen.

Zurück zur „Aktivrente“. Wird dieser Vorschlag CDU-Programm?

Darüber werden die Mitglieder entscheiden. Ich werde versuchen, sie zu überzeugen.

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