#FragNestlé: Twitter-Aktion wird zur PR-Katastrophe

Vevey - Gentechnik, Kinderarbeit, Pferdefleisch - Nestlé leistete sich schon einige Skandale. Jetzt macht der Konzern erneut negative Schlagzeilen. Diesmal aber nicht mit Produkten, sondern mit einem Hashtag.
Der Nahrungsmittelriese Nestlé gibt Nutzern unter dem Hashtag #FragNestlé die Möglichkeit, zu verschiedenen Themen wie Nespresso-Kapseln oder Rohstoffverbrauch Fragen zu stellen. Nestlé erhoffte sich wohl ein großartiges Feedback auf seine Aktion "Kampf gegen Kinderarbeit" und viele nette Fragen zu seiner Unternehmenskultur. Doch was folgte, war ein regelrechter Shitstorm.
"Warum hasst ihr Regenwälder?"
Ein User fragt etwa: "Warum kauft ihr Wasserquellen, um die öffentliche Versorgung zu verschlechtern und es in Plastikflaschen abgefüllt zu verkaufen?". Einer anderen Userin brennen gleich mehrere Fragen unter den Nägeln: "Warum hasst ihr Regenwälder? Warum liebt ihr Kinderarbeit? Warum habt ihr ein Monopol für Schokolade und Wasserflaschen?"
Gegen die immer wieder hervorgebrachte Kritik zum Thema Kinderarbeit hilft auch ein Schaubild wenig, über dem in großen Lettern "Unser Fortschritt im Kampf gegen Kinderarbeit" prangt, und auf dem sich viele bunte Männchen, Kreise und Zahlen bemühen, den Konzern in bestem Licht darzustellen. "Wir verurteilen Kinderarbeit in aller Deutlichkeit", erklärt das Schweizer Industrieunternehmen vollmundig. Doch die Twitter-User bohren weiter.
Auf die Frage nach dem Wasserklau, der auch in einem preisgekrönten Dokumentarfilm thematisiert wird, antwortet Nestlé mit einem weiteren Schaubild, das zeigen soll, dass der wahre Schuldige woanders zu suchen ist: Der Grafik nach nutzt Nestlé nur 0.0009 Prozent des Süßwassers weltweit für seine Getränkeproduktion, die Landwirtschaft hingegen verbraucht ganze 70 Prozent. Erstellt wurde das Schaubild von Nestlé selbst, was die Kritiker natürlich sofort bemerken.
Ein User meint: "Immerhin bunte Bildchen mit Inhalt", ein anderer erkennt: "Wasser einen Wert geben führt aber im Endeffekt nicht zur Vermeidung von Verschwendung, sondern zu ungleicher Verteilung".
"Ich würde mich verkriechen"
"Wie viel hat euch der Tweet gekostet?", will ein User wissen. Er resümiert: "Im Endeffekt glaubt euch trotzdem keiner. Armselig." Das Unternehmen zeigt sich in seinen Antworten zunehmend gekränkt, je direkter die Fragen werden: "Euren Humor könnt ihr euch sparen", heißt es.
Ein weiterer User gibt den Urhebern der gescheiterten PR-Aktion einen guten Ratschlag: "Wenn ich der wäre, dem #FragNestlé eingefallen ist - ich würde mich in einem Laubhaufen verkriechen und auf den Sieg des Kommunismus warten."
Nestlé hat sich bereits zu seinem Twitter-Fauxpas geäußert: Im Vordergrund stehe bei der Aktion die Beantwortung von Verbraucherfragen, so Presssprecher Alexander Antonow. Es solle ein Angebot zum Dialog sein. Passend zum Hashtag gibt's heute, am Montagabend, um 20.15 Uhr den Nestlé-Check der ARD. Antonow betonte, dass im Vorfeld dieser Sendung Verbraucherfragen geklärt werden könnten und auch Fragen, die über die Sendung hinaus gingen, eine Antwort bekämen.
sb