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Wärmepumpen - das überschätzte Heizwunder

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Von: Martin Prem

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Wärmepumpen gelten als Effizienzwunder und als die Heiztechnik der Zukunft. Doch die scheinbar so schönen Berechnungen beinhalten zwei fundamentale Denkfehler.

München - Es ist fast zu schön, um wahr zu sein. Aus einer Kilowattstunde (kWh) elektrischer Energie werden durch eine Wärmepumpe bis zu vier kWh Wärmeenergie. 400 Prozent Wirkungsgrad. Das ist, als würde ein Mittelklasseauto mit nur einem Liter Benzin 200 Kilometer weit kommen.

Am liebsten hätte Klimaminister Robert Habeck (Grüne) die Heizwunder in allen Häusern. „Das ist die Technik der Zukunft“, schwärmte er beim zweiten „Wärmepumpengipfel“ am 11. November. Sechs Millionen Wärmepumpen bis 2030 sollen es werden. Und er legte jetzt einen Gesetzesentwurf vor, nach dem Bürger an dieser Heiztechnik im Haus kaum mehr vorbeikämen.

Es lohnt sich – wie bei allen vermeintlichen Patentlösungen – einmal genauer hinzuschauen. Statt aus dem Wunschtraum des Ministers könnte Deutschland aus einem energiepolitischen Alptraum erwachen.

Grundprinzip der Wärmepumpe gleicht einem Kühlschrank

Das Grundprinzip der Wärmepumpe ist das gleiche wie in einem Kühlschrank: Man entzieht einem kühleren Medium (beim Kühlgerät dessen Innenraum) weitere Wärmeenergie und heizt damit ein bereits wärmeres Medium weiter auf. Beim Kühlschrank ist es das schwarze Gitter auf der Rückseite. Die Energie, die man hineinsteckt, treibt den dafür notwendigen Kompressor an. Bei der Wärmepumpe wird das Kühl-Prinzip umgekehrt: Man entnimmt der Umgebung thermische Energie und heizt damit das Wasser im Heizkreislauf.

Bei Luftwärmepumpen fallen die niedrigsten Investitionskosten an. Sie sind deshalb weiter verbreitet als Erd- oder Grundwasserwärmepumpen. Die folgenden Betrachtungen beziehen sich auf diese Luftwärmepumpen und gelten für die anderen Wärmepumpen nur mit Einschränkungen.

Heizen mit Wärmepumpen, so funktioniert es
Die Wärmepumpe heizt mit der Umgebungswärme © dpa

Wärmepumpe: Im Winter schwieriger

Betrachten wir den Wirkungsgrad: Eine Wärmepumpe ist umso effizienter, je geringer die Temperaturdifferenz ist. Im Hochsommer bei 25 Grad im Schatten ist es hochattraktiv, das Badewasser mit einer Wärmepumpe auf 30 Grad zu erhitzen. Im Winter bei Minusgraden ist es schon um ein Vielfaches aufwendiger, diese 30 Grad zu erreichen und noch schwerer, bis zu den 55 Grad, die man für eine alte Gebäudeheizung braucht.

Doch selbst im Sommer könnte eine Solaranlage die Wärme – abgesehen von der Steuerelektronik und den Pumpen – ohne jeden Stromeinsatz liefern. Selbst dann ist die Wärmepumpe – genau betrachtet – im Nachteil. Sie ist hocheffizient, wenn man sie gar nicht braucht. Das Plus schmilzt dahin, wenn man in der kalten Jahreszeit viel Wärme benötigt. Im Extremfall steigt das System aus. Dann springt ein Heizstab ein. Das teure und hochkomplexe Energiewunder mutiert dann zu einer Art simplem Tauchsieder.

Das alles relativiert den ökologischen Vorteil: Denn in der kalten Jahreszeit, wenn die Sonnenenergie als Stromquelle praktisch ausfällt, braucht man viel Energie für die Heizung. Bei der Wärmepumpe heißt das Strom, der dann knapp ist und überwiegend aus fossil gespeisten Kraftwerken kommt. Deren Wirkungsgrad liegt physikalisch bedingt unter 50 Prozent. Wenn dann noch der Heizstab zum Einsatz kommt, brechen die schönen Berechnungen komplett in sich zusammen.

Wärmepumpen: Schöngerechnete Werbebotschaften

Je mehr sich die Zahl der Wärmepumpen Habecks Ziel von sechs Millionen nähert, für deren Strombedarf im Winter Gas- und Kohlekraftwerke hochgefahren werden, desto drastischer wird dieser Effekt. So kann man den angestrebten Ökostromanteil von 65 Prozent nicht erreichen oder nur, indem man Kohlestrom - wie bereits beim Elektroauto – für klimaneutral erklärt. Denn die riesigen Offshore-Windparks, die einmal die elektrische Grundlast bedienen sollen, sind ferne Zukunftsmusik.

Das war der erste Denkfehler: Man stellt auf durchschnittliche Verbräuche ab, anstatt das Verbrauchsprofil über den Tages- und Jahresverlauf auszudifferenzieren. Denn erst dann würde sich ein Gesamtbild ergeben, das mit den schöngerechneten Werbebotschaften nicht mehr viel zu tun hat. Der zweite Denkfehler hängt eng damit zusammen: Es ist die Strompreisgestaltung. Da gibt es einen fixen Tarif pro Kilowattstunde. Das ist ein Durchschnittspreis, mit dem die Versorger auf ihre Kosten kommen sollten. Doch dieser Preis gibt ein grob vereinfachtes Bild der Wirklichkeit von Angebot und Nachfrage wieder.

Bereitstellungskosten für Strom schwanken

Die Bereitstellungskosten für Strom schwanken in Wahrheit stark. Wenn an sonnigen Tagen ein gleichmäßigerer Wind weht, ist Strom aus Sonnen- und Windkraft für die Netzbetreiber praktisch kostenlos zu haben. Wenn an kalten Wintertagen die fossil betriebenen Reservekraftwerke hochlaufen, die vor allem in der kalten Jahreszeit benötigt werden, steigt der tatsächliche Strompreis auf ein Vielfaches des Tarifs. Das bedeutet: Wenn die Wärmepumpen in der Heizperiode am meisten elektrische Energie zehren, ist der realistische Bereitstellungspreis dafür deutlich teuer als der vereinbarte Tarif.

So subventionieren alle Stromverbraucher im Winter die vermeintlich so wirtschaftlichen Wärmepumpen über ihre Stromrechnung. Tendenz: mit jeder einzelnen Umrüstung steigend. Alle zahlen für den teuren Strom, den nur wenige verbrauchen. Künftige variable Strompreise würden das korrigieren. Sie könnten für Betreiber von Wärmepumpen zu einem bösen Erwachen führen.

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