1. Startseite
  2. Wirtschaft

Google Deutschland wird 20: Experte ist zwiegespalten – „Klagen sind faktisch aussichtslos“

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Matthias Schneider

Kommentare

Das Google-Logo auf dem Gebäude am Standort im Arnulfpark in München
Einer der vier deutschlandweiten Standorte von Google im Münchner Arnulfpark. © Frank Hoermann/Sven Simon/Imago

Vor 20 Jahren eröffnete Google sein erstes Büro in Deutschland. Die Kritik von Datenschützern ist seither lauter geworden. Ein Jurist erklärt, wie der Konzern mit privaten Infos umgeht.

München – Wie viel darf Google über seine Nutzer wissen – und was passiert mit all den Daten, die Menschen beim Surfen hinterlassen? Marco Blocher ist Anwalt beim Datenschutzverein Noyb (None of your Business) in Wien. Die Organisation ist auf Datenschutzklagen gegen große Konzerne wie Facebook und Google spezialisiert.

Herr Blocher, 20 Jahre Google in Deutschland – Fluch oder Segen?

Die Medaille hat zwei Seiten. Etwa 90 Prozent der deutschen Suchanfragen laufen über Google. Eine so große Marktmacht ist immer problematisch, vor allem weil Google weit mehr Daten sammelt, als das für den Betrieb seiner Dienste nötig wäre. Gleichzeitig ist etwa Maps ein wundervolles Werkzeug*. Die Frage ist für mich nicht, ob es gewisse Google-Dienste geben sollte, sondern wie diese konkret ausgestaltet sind. Also ob Datenschutz berücksichtigt wird – oder so weit wie möglich umgangen. Im Moment ist Letzteres der Fall.

Welche Daten sammelt Google?

Das ist schwer zu sagen. In den Datenschutzerklärungen steht es zum Teil, aber man kann sich nicht sicher sein, ob sich der Konzern daran hält. Wichtig ist, dass Google zwei Standbeine hat: Dienste wie Gmail oder Youtube sind für Privatnutzer. Werkzeuge wie Google-Analytics werden aber von nahezu allen kommerziellen Websites genutzt. Google kann also an sehr vielen Stellen etwas über Internetnutzer erfahren, unabhängig davon ob sie Google-Kunden sind oder nicht.

Was macht Google mit den Daten?

Zwei Dinge: Mit den Nutzerdaten werden Dienste verbessert. Das kann natürlich im Interesse der Nutzer liegen. Gleichzeitig lassen sich durch die beständige Erfassung und Analyse des Nutzerverhaltens Schlüsse etwa auf Kaufinteressen schließen. Dieses Wissen ist für die Werbeindustrie viele Milliarden Euro wert.

Nutzerfreundliche Programme und relevante Werbung – klingt doch gar nicht schlecht?

Eine so große Konzentration von Daten ist gefährlich. Die Produktpalette ist sehr breit, Google kann unter Umständen wissen, wann wir wohin gehen, wann wir mit wem schreiben und was wir im Internet suchen. Das ist doch gruselig. Außerdem darf man nicht vergessen: Google sitzt in Kalifornien* und unterliegt damit den US-Sicherheitsgesetzen. Die zwingen Google, Geheimdiensten wie der NSA auf Anfrage Nutzerdaten zu übermitteln.

Welche Rechte haben deutsche Nutzer?

In der EU gilt die Datenschutzgrundverordnung. Nach der haben etwa Nutzer das Recht auf Auskunft, Berichtigung und Löschung ihrer Daten. Ein sehr mächtiges Gesetz, das aber an der Durchsetzung hapert. Denn Google hat seine Europa-Zentrale in Irland*. Deshalb ist für alle Beschwerden die irische Datenschutzbehörde zuständig. Die zeichnet sich aber durch eine enorm schleppende Rechtsdurchsetzung aus. Verfahren gegen Google sind aktuell faktisch aussichtslos.

Interview: Matthias Schneider *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

Auch interessant

Kommentare