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Haben die Banken nichts aus der Krise gelernt?

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Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann brüstet sich damit, ohne Steuergeld durch die Krise gekommen zu sein. Stimmt nicht ganz, meint ein Bankenprofessor. © dpa

Frankfurt/Main - Die Kassen der Großbanken klingeln wieder gehörig - und übertönen das Krisengejammer. Zur Erinnerung: Steuerzahler und Notenbanken ermöglichten ihnen die neuen Gewinne.

Weit weg scheinen in vielen Vorstandsetagen jene Monate zur Jahreswende 2008/2009, in denen die Finanzwelt fast kollabierte und Banker weltweit am Pranger standen. Während die Politik noch überlegt, wie künftig Auswüchse der Branche verhindert werden sollen, knüpfen viele Banken fast nahtlos an die Zeiten vor der großen Krise an - zumindest bei den Gewinnzahlen.

Die Deutsche Bank verdiente im vergangenen Jahr 5,0 Milliarden Euro - und macht damit die tiefroten Zahlen des Vorjahres vergessen. Vergessen zu gehen droht nach Meinung etlicher Experten aber auch, dass Steuerzahler und Notenbanken die neuen Gewinne ermöglichten und dass Reformen nun nicht aufgeschoben werden dürfen.

Krise: Diese Banken hat es am meisten getroffen

“Es beginnt in Teilen der Finanzwirtschaft schon wieder die Art von Geschäftspolitik, die die Finanzmärkte in die Krise geführt hat“, schimpft Sparkassen-Präsident Heinrich Haasis. Der Anlegerschützer Klaus Nieding meint: “Insbesondere bei Investmentbankern ist, glaube ich, ein relativ kurzes Gedächtnis vorhanden.“

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Risikoreiche Geschäfte der Kapitalmarktstrategen hatten maßgeblich zur Krise beigetragen. Doch die Märkte haben sich vom größten Schock erholt. Milliarden-Boni gehören in vielen Häusern immer noch zur Normalität, auch wenn einige Banken inzwischen ihre Gehaltsstrukturen überarbeitet haben. Jüngstes Beispiel: Die Investmentbanker der mit Steuergeldern geretteten Bank of America sollen trotz Verlusten sechsstellige Boni bekommen.

Der Bankenprofessor Thomas Hartmann-Wendels warnt: “Es droht, dass der Widerstand der Banken gegen schärfere Regulierung zunimmt und der Leidensdruck nachlässt.“ Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann brüstete sich wiederholt damit, ohne Steuergeld durch die Krise gekommen zu sein.

Deutsche Bank profitierte von US-Steuergeldern

Doch das ist nur die halbe Wahrheit: “Die Deutsche Bank hat zwar kein Geld vom deutschen Staat bekommen, hat aber erheblich von US-Steuergeldern profitiert“, sagt Hartmann-Wendels. “Hätte der amerikanische Staat AIG nicht gerettet, wäre davon auch die Deutsche Bank betroffen gewesen.“ Zu den Kunden des US-Versicherungsriesen AIG gehörte auch Deutschlands größte Bank.

Die Deutsche Bank profitierte 2009 auch davon, dass sich im Laufe der Finanzkrise das Feld der Konkurrenten lichtete. Renommierte Investmentbanken wie Bear Stearns und Lehman Brothers verschwanden von der Bildfläche. Zu den Gewinnern zählt auch die US-Bank Goldman Sachs: Im Gesamtjahr 2009 konnte Goldman Sachs mit einem Gewinn von 12,2 Milliarden Dollar nahtlos an die Rekordzahlen aus der Vorkrisenzeit anknüpfen. Auch die spanische Großbank Banco Santander blieb mit einem Gewinn von 8,9 Milliarden Euro nur knapp unter dem Rekordgewinn des Jahres 2007 mit 9,1 Milliarden Euro.

Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, mahnte die Finanzinstitute, ihre Rolle in der größten Finanzkrise seit den 1930er Jahren nicht auszublenden. Einige Banken vergäßen, “dass die allmähliche Rückkehr der Märkte zur Normalität nicht das Verdienst des Systems ist, sondern zu einem sehr großen Teil das Ergebnis eines unglaublichen Kraftaktes und Einsatzes der öffentlichen Hand, die das normalerweise nicht erledigen sollte“, sagte Trichet kürzlich dem “Wall Street Journal“.

Geld kam nicht bei Unternehmen und Verbrauchern an

Die Notenbanken fluteten in der Krise die Märkte mit billigem Geld - ohne dass dieses in gleichem Maße bei Unternehmen und Verbrauchern ankam. Allein der deutsche Staat stützt mit Milliarden die Commerzbank und stemmte die Rettung des Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate (HRE).

Ackermann versicherte am Donnerstag bei der Bilanzvorlage in Frankfurt: Die Deutsche Bank werde “eine aktive und konstruktive Rolle“ bei der Gestaltung neuer Rahmenbedingungen für die Branche übernehmen. Er betonte: “Anders als vielfach behauptet, haben die Banken selbst bereits viel für eine größere Stabilität getan.“ Vergütungssysteme seien reformiert, Risiken abgebaut worden. Doch Ackermann räumte zugleich ein: “Es gibt eine Verantwortung auch für die Menschen und hier müssen wir noch besser werden. Wir müssen deutlich machen, dass wir nicht nur vom Geld getrieben sind, sondern von Werten.“

Von Jörn Bender und Annika Graf

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