Hamburger Hafen: Umstrittener Deal mit China kommt – „Notlösung“
Darf sich ein chinesischer Konzern an einem Container-Terminal im Hamburger Hafen beteiligen? Zu diesem Streit bahnt sich nun ein Kompromiss an – in Regierungskreisen ist von einer „Notlösung“ die Rede.
Hamburg – Eine Meldung sorgte in den vergangenen Tagen auch innerhalb der Bundesregierung für heftige Debatten. Der chinesische Cosco-Konzern will sich an einem Hafen-Terminal in Hamburg beteiligen und gewinnt damit Einfluss auf einen Teil der kritischen deutschen Infrastruktur.
Kompromiss im umstrittenen Hamburger Hafen-Deal mit China in Sicht
Nun zeichnet sich im Streit innerhalb der Bundesregierung ein Kompromiss ab. Demnach darf sich Cosco zwar an dem Terminal beteiligen – aber nur mit einem kleineren Anteil. Der chinesische Konzern soll nicht wie geplant 35 Prozent des Terminals Tollerort übernehmen können, sondern nur 24,9 Prozent.
Nach Informationen aus Regierungskreisen sehen die beteiligten Ressorts der Bundesregierung eine Begrenzung auf 24,9 Prozent allenfalls als „Notlösung“ an. Damit soll Schlimmeres verhindert werden, nämlich dass Cosco wie ursprünglich geplant einen Anteil von 35 Prozent sowie einen Geschäftsführer und Einspruchsrechte bekommen würde. Eine komplette Untersagung werde nach wie vor für den richtigen Weg gehalten, das hätten die Ressorts deutlich gemacht.
Es zeichne sich aber ab, dass eine Entscheidung über eine vollständige Untersagung einer Beteiligung im Kabinett nicht erreicht werden könne, weil sie nicht vom Kanzleramt auf die Tagesordnung gesetzt werde, hieß es weiter. Entscheide das Kabinett nicht in dieser Woche, sei der Verkauf automatisch, so wie von Cosco und dem Hamburger Logistikkonzern HHLA vereinbart, genehmigt. Dies gelte es zu verhindern.
Cosco will Hamburger Hafen zu bevorzugtem Umschlagpunkt machen
Im September 2021 hatten HHLA und der chinesische Terminalbetreiber Cosco Shipping Ports Limited eine 35-prozentige Beteiligung der Chinesen am HHLA-Terminal Tollerort (CTT) in der Hansestadt vereinbart. Der Cosco-Konzern betreibt auch die weltweit viertgrößte Reederei, deren Containerschiffe bereits seit 40 Jahren von der HHLA am CTT abgefertigt werden. Cosco will im Gegenzug zu der Beteiligung das CTT zu einem bevorzugten Umschlagpunkt in Europa machen.
Allerdings war unter dem Eindruck der jüngsten Erfahrungen mit Russland und der Abhängigkeit von dessen Gaslieferungen innerhalb der Bundesregierung ein Streit über die Frage entbrannt, ob eine chinesische Beteiligung zugelassen werden soll. Linie des Wirtschaftsministeriums und anderer Ministerien war es eigentlich, das Geschäft unter Verweis auf Sicherheitsrisiken zu untersagen. Das Kanzleramt drängte aber laut Medienberichten darauf, dass der Einstieg zustande kommt.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) betonte zuletzt, dass noch nichts entschieden sei und noch viele Fragen geklärt werden müssten. Er wies zudem darauf hin, dass es nicht um einen Verkauf des Hafens gehe. Es gehe um eine Beteiligung an einem Terminal, so wie das in einigen westeuropäischen Häfen der Fall sei.
China-Beteiligung am Hamburger Hafen: Experten und Politiker sehen den Deal nach wie vor kritisch
Die nun erreichte Kompromisslösung dürfte nach dpa-Informationen mit der chinesischen Seite abgestimmt sein. Beim Hamburger Hafenlogistiker HHLA gehe man davon aus, dass die Chinesen die Kompromisslösung mittragen, hieß es am Dienstag in Unternehmenskreisen. Während der Gespräche mit der Bundesregierung habe es in den vergangenen Tagen auch immer eine Rückkopplung mit Cosco gegeben.
Experten und Politiker sehen den Deal nach wie vor kritisch. Auch das China-Institut Merics warnte vor Risiken. Analyst Jacob Gunter sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin: „Cosco und seine Investition in den Hamburger Hafen bergen verschiedene Risiken für die Sicherheit und die wirtschaftlichen Interessen Deutschlands.“ Cosco sei nicht nur ein weiteres multinationales Unternehmen, das einfach nur eine Rendite anstrebt – sondern ein Instrument der chinesischen Regierung, um deren strategische Ziele voranzutreiben. Je abhängiger Deutschland von Investitionen und Geschäften mit Cosco werde, desto mehr Einfluss könnten Cosco und Parteifunktionäre auf die deutsche China-Politik ausüben.
Der Grünen-Außenpolitiker Anton Hofreiter lehnte ebenso eine chinesische Beteiligung von 24,9 Prozent ab. Zwar hätte China damit „deutlich weniger Einfluss“ als bei einem Anteil von 35 Prozent. „Aber es wäre weiter kritisch, denn wir hätten weiterhin ein diktatorisches Regime, das mithilfe von Staatskonzernen sich bei uns in Infrastruktur einkauft“, sagte Hofreiter am Dienstag im ARD-Morgenmagazin. (lma/dpa/AFP)