Hartz IV: Bundesverfassungsgericht - Vorgaben zu angemessener Hausgröße sind rechtmäßig
Wie viel Eigentum darf man besitzen, wenn man Hartz IV in Anspruch nimmt? Das höchste deutsche Gericht hat dazu jetzt ein Urteil gefällt.
Karlsruhe - Die bestehenden Vorgaben für Hartz-IV-Empfänger zur maximalen Größe von Wohneigentum sind nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVergG) mit dem Grundgesetz vereinbar. (Az. 1 BvL 12/20) Heißt also: Wenn die Kinder ausziehen, darf die Grenze für die angemessene Größe für Wohneigentum von Hartz-IV-Empfängern sinken. Die Bewertung, ob das selbst bewohnte Eigentum dann noch angemessen sei, dürfe von der Zahl der aktuellen Bewohner abhängen.
Den Betroffenen würden keine Leistungen verwehrt, die sie zur Existenzsicherung benötigten, entschieden die Richterinnen und Richter. „Denn sie verfügen über Wohneigentum, das sie einsetzen und damit ihren Bedarf selbst sichern können“ (Az. 1 BvL 12/20).
Hartz IV: Sozialverband hoffe auf Änderung der Wohn-Regelung
Der Sozialverband VdK hoffte, dass die Karlsruher Richterinnen und Richter die starren Regeln für selbst genutztes Wohneigentum über Bord werfen. „Vielen Lebenssituationen wird es einfach nicht gerecht, wenn die Frage, ob ein Wohnraum angemessen ist, allein danach bewertet wird, wie viele Menschen auf eine bestimmte Quadratmeter-Zahl kommen“, erklärte ein Sprecher.
Vor Gericht ging es um das sogenannte Schonvermögen - also bestimmte Freibeträge beim Vermögen, die man nach dem Sozialrecht nicht zum Bestreiten seines Lebensunterhalts einsetzen muss. Im Sozialgesetzbuch (SGB) II ist geregelt, welches Vermögen bei der Grundsicherung für Arbeitssuchende zu berücksichtigen ist. Nicht dazu zählt unter anderem „ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung“. Das Sozialgericht im niedersächsischen Aurich wollte vom Bundesverfassungsgericht wissen, ob diese Regelung mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Darin wird zum Beispiel Familien in Artikel 6 besonderer Schutz zugesprochen.
Hartz IV: Frühere Bewohnerzahl spielt bei Wohnflächengrenze keine Rolle
Im konkreten Fall ging es um ein Ehepaar, das mit sechs Kindern ein von ihm erbautes Haus bewohnte. Der Nachwuchs zog nach und nach aus. Die Klägerin und ihr Mann wohnen seit dem Frühjahr 2013 allein dort.
Als die Frau 2018 Hartz IV wollte, wurde der Antrag abgelehnt. Die Begründung: Ihr Ehemann sei Eigentümer eines Grundstücks und besitze damit Vermögen, das den für die Klägerin und ihren Mann maßgeblichen Freibetrag übersteige. Insbesondere stelle es kein Schonvermögen im Sinne des SGB II dar, da es nicht von angemessener Größe sei. Das Haus hat nach Angaben des Sozialgerichts eine Wohnfläche von 143,69 Quadratmetern. Als angemessen gelten demzufolge allerdings für einen Zwei-Personen-Haushalt höchstens 90 Quadratmeter.
Das Bundessozialgericht hatte 2016 in einem Urteil dargelegt, dass eine Wohnungsgröße von 130 Quadratmetern für eine vierköpfige Familie die Obergrenze sei. Leben weniger Menschen in der Wohnung, seien davon 20 Quadratmeter pro Person abzuziehen. Bei der Prüfung der Angemessenheit der Wohnfläche spiele nur die Anzahl der Personen eine Rolle, die dort zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs wohnen, heißt es in dem Urteil - auch wenn beim Bau oder Einzug wegen einer größeren Bewohnerzahl eine höhere Wohnflächengrenze angemessen war. (dpa/AFP)