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Inflationsrate so hoch wie in den 50er-Jahren

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Von: Christoph Gschoßmann

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Inflation
Saftige Preise in der Inflation - bedingt sind sie auch durch Lieferkettenengpässe oder hohe Energiepreise. © Hendrik Schmidt/dpa

Die Energie-Krise treibt die Teuerung auf zehn Prozent. Eine Studie belegt: Die Deutschen haben kein Geld mehr zum Sparen.

Wiesbaden/München – Das tägliche Leben in Deutschland hat sich im September sprunghaft verteuert: Erstmals seit der Nachkriegszeit erreichte die Inflationsrate die Marke von 10 Prozent. Viele können wegen der Belastung insbesondere durch hohe Energiekosten kein Geld mehr auf die hohe Kante legen. Die Wirtschaftsauskunftei Crif hält eine Verschuldungswelle in Deutschland für möglich, auch wenn die Zahl der Privatinsolvenzen in den ersten neun Monaten des Jahres noch gesunken ist.

Angetrieben von steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen legten die Verbraucherpreise im September gegenüber dem Vorjahresmonat um 10,0 Prozent zu. Das Statistische Bundesamt bestätigte damit vorläufige Daten. Inflationsraten auf dem derzeitigen Niveau gab es im wiedervereinigten Deutschland noch nie. Zehn Prozent und mehr wurden zuletzt Anfang der 1950er-Jahre gemessen.

Finanzielle Spielräume schmelzen dahin

„Im September 2022 haben das Auslaufen von 9-Euro-Ticket und Tankrabatt den Preisauftrieb verstärkt“, erläuterte Georg Thiel, Präsident der Behörde. Beide Maßnahmen waren bis Ende August befristet. Im August war noch eine Jahres-Teuerungsrate von 7,9 Prozent verzeichnet worden. Höhere Inflationsraten schmälern die Kaufkraft von Verbrauchern, diese können sich für einen Euro weniger leisten. Der finanzielle Spielraum der Menschen schrumpft, sie können dadurch auch weniger sparen.

Laut einer YouGov-Umfrage im Auftrag der zum Deutsche-Bank-Konzern gehörenden Postbank legt jeder Zweite (53,9 Prozent) derzeit weniger Geld auf die hohe Kante oder kann aktuell gar nichts sparen, weil die stark gestiegenen Ausgaben zum Beispiel für Energie das Haushaltsbudget aufzehren. „Eine wachsende Zahl von Sparern verfügen nicht mehr über Mittel, die sie dauerhaft anlegen können“, erläuterte Chef-Anlagestratege der Deutschen Bank für Privat- und Firmenkunden, Ulrich Stephan.

Preistreiber Energie und Lebensmittel

Seit Monaten sind Energie und Lebensmittel die größten Preistreiber. Der russische Angriff auf die Ukraine sowie Lieferengpässe haben die bereits angespannte Lage verschärft. Für Energie mussten Verbraucher im September 43,9 Prozent mehr zahlen als ein Jahr zuvor, Nahrungsmittel verteuerten sich um 18,7 Prozent.

Gaspreisbremse soll Inflation eindämmen

Um Verbraucher und Unternehmen wegen der stark steigenden Energiepreise zu unterstützen, hat die Bundesregierung einen Abwehrschirm von bis zu 200 Milliarden Euro angekündigt. Davon soll auch die geplante Gaspreisbremse finanziert werden. Diese dämpft laut Prognose des Bundeswirtschaftsministeriums den Anstieg der Verbraucherpreise im kommenden Jahr. Die Bundesregierung rechnet mit einer Inflationsrate von durchschnittlich 8,0 Prozent im laufenden Jahr und von 7,0 Prozent im kommenden Jahr.

Welle von Privatinsolvenzen

Der Geschäftsführer der Wirtschaftsauskunftei Crif in Deutschland, Frank Schlein, hält wegen der steigenden Kosten eine Verschuldungswelle in Europas größter Volkswirtschaft für möglich. Auf Dauer führe weniger Einkommen erst in die Überschuldung und dann möglicherweise in die Privatinsolvenz. Die finanzielle Situation vieler Menschen bleibe durch die steigenden Miet- und Energiepreise angespannt. „Gerade für finanz- und einkommensschwache Haushalte wird sich die finanzielle Lage zuspitzen.“

Noch ist die Lage entspannt, besonders in Bayern. Der Freistaat hat die niedrigste Privatinsolvenzquote in Deutschland. Nach Daten von Crif kamen in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres auf 100 000 Bewohner im Freistaat 52 Privatinsolvenzen. Im bundesweiten Durchschnitt liegt der Wert bei 85 Insolvenzen. VON FRIEDERIKE MARX

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