München/ Berlin - In Folge des Schmiergeld-Skandals bei Siemens wird der ehemalige Vorstandsvorsitzende und Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer wohl seinen Posten als Berater der Kanzlerin verlieren. Der jetzige Konzernlenker Peter Löscher wirft früheren Managern "kriminelles Handeln" vor.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) plane, Pierer als obersten Innovationsberater der Regierung durch Ex-BMW-Chef Joachim Milberg ersetzen zu lassen, berichtet die "Financial Times Deutschland". Die Personalie solle in einen Umbau des bisherigen Innovationsrates eingebettet werden, um den Eindruck einer Abberufung Pierers zu vermeiden.
Die Bundesregierung wollte Spekulationen über Pierer am Montag nicht bewerten. Vize-Regierungssprecher Thomas Steg sagte, es gebe keinen Grund, sich in der aktuellen Debatte über die Person Heinrich von Pierer weiter zu äußern. "Wir sind da keine Ermittlungsbehörde. Er hat im Rat für Innovation sehr engagiert gearbeitet." Zugleich deutete Steg an, dass über die Zukunft des Innovationsrates und grundsätzlich über die Innovationspolitik nachgedacht werde. Die letzte Sitzung des Rates fand im September 2007 statt, Ende April soll er eine Bilanz seiner Arbeit ziehen.
Unterdessen hat Konzernchef Peter Löscher die Beschäftigten darauf eingeschworen, bei der Aufarbeitung der Affäre mitzuwirken. Aus der "Mitte des Unternehmens" heraus habe es "über längere Zeit unverantwortliches und wohl auch kriminelles Handeln" gegeben, schrieb Löscher in einem Brief an die Beschäftigten des Konzerns in Deutschland.
"Wir tun alles für vollständige Aufklärung, und wir wollen, dass klar wird, wer verantwortlich war." Mit dem Brief reagierte Löscher auch auf Berichte über eine angebliche Mitwisserschaft des früheren Siemens-Vorstands um Ex-Konzernchef Heinrich von Pierer. In Münchner Justizkreisen hieß es, dass Pierer "sicher auch bald dran sein werde", gegenüber der Staatsanwaltschaft eine Aussage zu machen - "zumindest als Zeuge".
Im ersten Prozess um die Schmiergeldaffäre, der Ende Mai in München beginnt, wird von Pierer nach Angaben aus Justizkreisen ebenfalls als Zeuge aussagen müssen.
Letztlich hätten zwar Aufsichtsbehörden und Gerichte zu urteilen, hieß es in dem Brief Löschers. "Aber unser Interesse heißt: Transparenz, Klarheit, Wahrheit, Verantwortlichkeit."