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Silicon Valley Bank pleite wegen Chef-Interview? Mitarbeiter wütet: „Absolut idiotisch“

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Von: Lisa Mayerhofer

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Nach der spektakulären Pleite der Silicon Valley Bank herrscht weltweit Unruhe an den Finanzmärkten: Dabei gab es schon länger Anzeichen für Probleme. Die Suche nach dem Schuldigen hat begonnen.

New York – Die Krise um die Silicon Valley Bank und weitere US-Banken hat die Börsen erschüttert und Erinnerungen an die Finanzkrise geweckt. Die auf Start-up-Finanzierungen spezialisierte kalifornische Silicon Valley Bank (SVB) war nach einer gescheiterten Notkapitalerhöhung am Freitag geschlossen und unter staatliche Kontrolle gestellt worden – ebenso wie die Signature Bank aus New York. Die Silicon Valley Bank hatte in der Niedrigzinsphase viel Geld etwa in US-Staatsanleihen mit langer Laufzeit investiert, die mit der Zinswende an Wert verloren. Zugleich zogen Kunden in kurzer Zeit viel Geld bei der Bank ab.

SVB-Mitarbeiter: „Die Leute sind einfach schockiert, wie dumm der CEO ist“

Der Grund für die Panik der Anleger und den Kollaps der Bank sei gewesen, dass Greg Becker, der CEO der SVB, am Mittwoch zuvor öffentlich über das Ausmaß der finanziellen Probleme der Bank gesprochen habe. Dies habe für Angst und panische Geldabhebungen bei den Kunden gesorgt. Damit habe er zugelassen, dass sein Unternehmen als zweitgrößte US-Bankenpleite in die Geschichte eingeht, berichtet ein Angestellter der SVB, der anonym bleiben möchte, gegenüber dem amerikanischen Fernsehsender CNN.

Start-up-Finanzierer SVB
Die Silicon Valley Bank in Santa Clara. Die Krise um die Silicon Valley Bank und weitere US-Banken hat die Börsen erschüttert. © Jeff Chiu/AP/dpa

„Das war absolut idiotisch“, sagte der Mitarbeiter, der in der Vermögensverwaltung der Silicon Valley Bank arbeitet, dem Sender weiter. „Die Leute sind einfach schockiert, wie dumm der CEO ist. Sie sind seit 40 Jahren im Geschäft und sagen mir, dass Sie nicht in der Lage sind, zwei Milliarden Dollar privat zu beschaffen? Steigen Sie in einen Jet und fliegen Sie nach Kuwait wie alle anderen und geben Sie ihnen dafür die Kontrolle über ein Drittel der Bank.“

Die Silicon Valley Bank gab laut CNN dazu keine Stellungnahme ab, jedoch berichtete die Nachrichtenagentur Reuters, dass sich Becker bei den Mitarbeitern für die Situation entschuldigt habe. „Ich bin schweren Herzens hier, um diese Nachricht zu überbringen“, sagte Becker demnach am Freitag in einer Videobotschaft an die Mitarbeiter. „Ich kann mir nicht vorstellen, was Ihnen durch den Kopf geht und was Sie sich über Ihren Job und Ihre Zukunft fragen.“

Immerhin haben die SVB-Mitarbeiter laut der US-Nachrichtenwebseite Axios Stunden vor der Schließung der Bank aber noch ihre Prämien erhalten. Auch seine Schäfchen brachte Becker noch ins Trockene, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet. Demnach verkaufte der SVB-Chef keine zwei Wochen vor Bekanntgabe der Verluste, die zur Pleite des Instituts führten, ein eigenes Aktienpaket im Wert von 3,6 Millionen Dollar. 

Kollaps der Silicon Valley Bank: Ist Donald Trump Schuld am Kollaps?

Es werden aber außerhalb der SVB auch andere Stimmen laut, die einen Schuldigen für den Kollaps gefunden haben: Ex-US-Präsident Donald Trump. Denn ein weiterer triftiger Grund für den Kollaps der SVB und der Unruhe an den Finanzmärkten sei ein Versagen der Aufsichtsbehörden in den USA – auch weil deren Befugnisse unter der Regierung von Trump stark eingeschränkt worden sind. Denn nach dessen Änderungen fielen Banken mit Aktiva (Krediten und eigenen Anlagen) ab 50 Milliarden Dollar nicht mehr unter die Aufsicht, sondern erst Institute mit Aktiva ab 250 Milliarden Dollar.

Für Anna Gelpern von der Universität von Georgetown ist das keine Entschuldigung: „Wenn die Regeln aufgeweicht werden – entweder unter der Annahme, dass Institute wegen ihrer Größe kein Risiko für die Finanzstabilität darstellen, oder dass sie leichter zu überprüfen sind – dann erhöht das den Druck auf die altmodische Aufsicht, weil es keinen automatischen Alarm mehr gibt.“ Diese „altmodische Aufsicht“ müsse sicherstellen, dass alle Banken „sicher und verlässlich“ funktionieren. Im Fall SVB habe das erkennbar nicht funktioniert.

Bankenexperte Michael Ohlrogge von der Universität New York kritisiert zudem, dass die Bankenaufsicht Staatsanleihen mit Blick auf die vorgeschriebene Kapitalausstattung einer Bank als quasi risikolos bewertet. Ebenso kritisch ist seiner Ansicht nach die Annahme, Bankkunden mit einem Guthaben über 250.000 Dollar würden ihr Konto nicht schlagartig leerräumen - 250.000 Dollar sind die Obergrenze bei der Einlagensicherung in den USA. „Diese Hypothese muss offenbar überdacht werden“, sagt Ohlrogge.

Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) kündigte am Montag an, die bisherige Überwachung und Regulierung der SVB unter die Lupe zu nehmen. Bis zum 1. Mai soll ein Bericht vorliegen. Zudem will die Fed eine interne Überprüfung durchführen. „Die Ereignisse rund um die Silicon Valley Bank verlangen nach einer gründlichen, transparenten und zügigen Untersuchung“, sagte Fed-Chef Jerome Powell am Montagabend.

Mit Material der dpa und AFP

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