Kreditkartenskandal in immer mehr Ländern

Berlin - Der massenhafte Austausch von Kreditkarten wegen eines Datenlecks bei einem spanischen Dienstleister bekommt europäische Dimensionen.
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Mittlerweile tauschen auch Banken in Österreich, Finnland, Schweden und der Tschechischen Republik Karten aus. Dem Zentralen Kreditausschuss (ZKA) zufolge ist davon auszugehen, dass alle Länder, wo Kreditzahlungen über das spanische Unternehmen liefen, betroffen sind. In Deutschland gebe es wohl deshalb so viele Fälle, weil Spanien ein beliebtes Urlaubsland der Deutschen sei.
Das Kartenunternehmen Visa bestätigte zwar den Kartenaustausch in Österreich, Finnland und Schweden, wollte aber unter Hinweise auf die laufenden Ermittlungen keine weiteren Einzelheiten nennen. Aus der Rückmeldungen der deutschen Institute gehe aber hervor, dass es nur in sehr wenigen Fällen zu Schäden gekommen sei.
In Österreich hatte die “Erste Bank“ Medienberichten zufolge bereits Anfang der Woche Rückrufaktionen von Karten gestartet, die in Spanien oder einem spanischen Online-Shop zum Einsatz kamen. Mittlerweile tausche auch der Kreditkartenanbieter “Paylife“ Karten aus. “Wir gehen davon aus, dass wir rund 1800 Karten vorzeitig erneuern werden“, zitierte die Wiener Zeitung “Die Presse“ eine Paylife-Sprecherin.
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In Tschechien werden tausende von Kreditkarten ausgetauscht. Allein bei der größten tschechischen Bank CSOB seien mindestens 6000 Karten betroffen, berichteten Prager Medien. Andere Geldinstitute meldeten hunderte Fälle. Nach Bankenangaben handelt es sich durchgängig um Kreditkarten, die im Frühjahr und Sommer in Spanien genutzt wurden. “Das aktuelle Datenleck ist das größte, was wir in den letzten Jahren gesehen haben“, sagte Frantisek Jungr, Chef des tschechischen Bankkartenverbands, dem Wirtschaftsblatt “Hospordarske noviny“.
Deutsche Banken und Sparkassen haben bereits hunderttausende Karten aus Sicherheitsgründen ausgetauscht. Nach ZKA-Angaben ist Aktion fast abgeschlossen. Am Freitag bestätigte auch die Postbank den Rückruf von 37 000 Karten. Das sei die Zahl der Postbankkunden, die im “fraglichen Zeitraum“ entweder in Spanien oder bei Händlern, die über einen spanischen Dienstleister abrechnen, mit ihrer Kreditkarte bezahlt hätten, sagte Postbank-Sprecher Ralf Palm.
Deutsche Banken fordern Schadenersatz
Die deutschen Banken fordern von den US-Kartenunternehmen Visa und Mastercard eine finanzielle Beteiligung an den Schäden, die durch den Sicherheitsskandal entstanden sind. Die Kreditinstitute kritisierten außerdem die Informationspolitik beider Unternehmen in den vergangenen Tagen, wie aus einem Schreiben des ZKA hervorgeht, das dem “Handelsblatt“ (Freitag) vorlag. Der Kreditausschuss bestätigte das Schreiben.
Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) verlangte von den Geldinstituten höhere Sicherheitsstandards bei Kreditkarten. “Ich fordere die Banken auf, schnellstens alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, damit Kreditkartenzahlungen wieder sicher sind“, sagte Aigner der “Passauer Neuen Presse“ (Freitag).
Nach Einschätzung des Bankenexperten Dominik Georgi von der Frankfurt School of Finance beherrschen Visa und Mastercard zu 90 Prozent den Markt in Deutschland. “Wir haben hier eine Duopolsituation““, sagte Georgi in einem dpa-Gespräch. Diese Entwicklung sei von den europäischen Banken in den vergangenen Jahren unterstützt worden.
Andere Experten gehen davon aus, dass sich der Gesamtschaden bei Kreditkartenbetrug generell wegen steigender Kriminalität in diesem Jahr auf 155 Millionen Euro verdoppeln könnte. Jährlich werden mit den rund 24 Millionen Kreditkarten in Deutschland etwa 46 Milliarden Euro umgesetzt.
dpa