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Was Kurzarbeiter wissen sollten

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Der niedersächische IG Metall Chef Hartmut Meine steht am während einer Demonstration vor der Continental-Zentrale in Hannover neben einer Deutschlandkarte, die die derzeitige Kurzarbeit in den deutschen Betrieben anzeigt.
Der niedersächische IG Metall Chef Hartmut Meine steht am während einer Demonstration vor der Continental-Zentrale in Hannover neben einer Deutschlandkarte, die die derzeitige Kurzarbeit in den deutschen Betrieben anzeigt. © ap

Die Wirtschaftskrise hat die Kurzarbeit auf Rekordwerte anwachsen lassen. Im Februar haben bereits fast 17 000 Betriebe für rund 700 000 Mitarbeiter Kurzarbeit angemeldet. Wir erklären, worauf Betroffene achten sollten und welche Fallstricke es gibt.

Kurzarbeit ist ein Instrument, das von Arbeitgebern ebenso wie Arbeitnehmervertretern begrüßt wird. In einer schwierigen Phase wie derzeit erlaubt sie es Betrieben, ihre Mitarbeiter nicht für die volle Zeit beschäftigen und bezahlen zu müssen. So können Unternehmen für eine Übergangszeit ihre Kosten senken, ohne sofort Stellen abzubauen. Doch Arbeitnehmer sollten dabei einige wichtige Aspekte beachten.

Arbeitsrecht

Ernst S. soll ab Anfang Mai in Kurzarbeit gehen. Viele Varianten sind dabei denkbar. Im Fall von Ernst S. wird die Arbeitszeit ein halbes Jahr lang halbiert – von 40 auf 20 Stunden. Kurzarbeit bedeutet für ihn zunächst: Weniger Arbeit und weniger Lohn. Die Arbeitsagenturen gleichen zwar den Einkommensverlust durch Kurzarbeitergeld teilweise aus, und auch sein Arbeitgeber zahlt einen kleinen Ausgleichsbetrag, „doch selbstverständlich handelt es sich damit um einen Eingriff in den Arbeitsvertrag“, sagt der auf Arbeitsrecht spezialisierte Rechtsanwalt Michael Felser aus Brühl. Im Prinzip gilt daher: Arbeitnehmer müssen mit der Kurzarbeit einverstanden sein. „Sind sie das nicht, muss der Unternehmer eine Änderungskündigung aussprechen“, so Felser.

Ankündigungsfristen

Ernst S. hat sehr frühzeitig von der Kurzarbeit erfahren – und ist damit einverstanden. Firmen, die ihre Arbeitnehmer in Kurzarbeit schicken möchten, müssen dies den Betroffenen gegenüber in der Regel vorher ankündigen. „Je nach Tarifvertrag gibt es dabei unterschiedliche Ankündigungsfristen. In der Chemischen Industrie sind es beispielsweise 15 Tage, in der Metallindustrie Nordwürttemberg-Nordbaden drei Wochen“, sagt Felser. Gesetzlich ist keine konkrete Frist vorgeschrieben.

Nebenjob

Die frühzeitige Ankündigung ist für die betroffenen Arbeitnehmer auch deshalb wichtig, weil sie dann oft noch Zeit haben, sich rechtzeitig einen Nebenjob zu suchen. Wird eine Nebenbeschäftigung vor dem Bezug von Kurzarbeitergeld aufgenommen, so darf die Vergütung daraus nicht aufs Kurzarbeitergeld angerechnet werden (Paragraf 179 Absatz 3 des Sozialgesetzbuchs III). Ernst S. etwa hat ab Mitte April einen Nebenjob als Zeitungsverteiler gefunden. Durch die 400 Euro, die er hierbei monatlich hinzuverdient, wird sein Einkommensausfall in der Kurzarbeit ausgeglichen. Wird der Nebenjob dagegen erst während der Kurzarbeit aufgenommen, so wird das Nebeneinkommen angerechnet und das Kurzarbeitergeld deutlich gekürzt.

Arbeitslosengeld

Ob der Arbeitsplatz von Ernst S. durch die Kurzarbeit auf Dauer gesichert werden kann, steht noch in den Sternen. Wichtig: Durch Kurzarbeit werden seine Arbeitslosengeld-Ansprüche nicht verbraucht. Im Gegenteil: Wer kurzarbeitet, erwirbt sogar neue Ansprüche auf die Versicherungsleistung der Arbeitsagenturen. Der einzige Nachteil für Ernst S.: Wenn das Arbeitslosengeld später berechnet wird, verlieren seine früheren Überstunden an Wert. Für die Zeit der Kurzarbeit ist nach dem Gesetz nämlich das Arbeitsentgelt zugrunde zu legen, das der Betroffene „ohne den Arbeitsausfall und ohne Mehrarbeit erzielt hätte“. Ernst S. hat bis zuletzt jedoch jede Woche vier Überstunden gemacht. Normalerweise – ohne Kurzarbeit – werden diese auch bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes berücksichtigt. Nach längerer Kurzarbeit fallen sie jedoch unter den Tisch.

Elterngeld

Erhebliche Nachteile gibt es für Mütter und Väter, die nach der Kurzarbeit Elterngeld beziehen. Für dessen Berechnung zählt nämlich nur, was die Antragsteller in den zwölf Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes (bzw. vor Beginn der Mutterschutzfrist) als Lohn und Gehalt erzielt haben. Andere Einkünfte – wie etwa auch Kurzarbeitergeld – bleiben dabei außen vor. Deshalb sollten angehende Elterngeldbezieher durch eine Betriebsvereinbarung möglichst von der Kurzarbeit ausgeschlossen werden.

Mehr Informationen

zum Thema gibt es unter der Fax-Abrufnummer 09001/25 26 65 54 40 (6 Seiten, 1 Minute = 0,62 Euro) vom bis 24. April. Das Fax-Gerät auf „Polling“ oder „Sendeabruf“ stellen, Fax-Service-Nummer wählen und Starttaste drücken. Kein Fax? Dann senden Sie einen mit 0,90 Euro frankierten Rückumschlag plus 1,45 Euro in Briefmarken unter dem Stichwort „Kurzarbeit“ an: Versandservice, Lerchenstr. 8, 86938 Schondorf.

von Rolf Winkel

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