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Mehr Geld aus aufgelösten Lebens- und Rentenversicherungen

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Versicherungskunden könnten mehr Geld aus ihren aufgelösten Lebens- und Rentenversicherungsverträgen bekommen. © dpa

Frankfurt/Main - Durch ein Urteil des Landgerichtes Hamburg können sich Versicherungskunden Hoffnungen auf mehr Geld aus aufgelösten Lebens- und Rentenversicherungsverträgen machen.

Millionen Versicherungskunden können sich Hoffnung machen, mehr Geld aus aufgelösten Lebens- und Rentenversicherungen zurückzubekommen. Nach den Urteilen des Landgerichts Hamburg über drei Musterklagen dürfen die Unternehmen nicht mehr die vollen Abschlusskosten berechnen, wenn ein Kunde vorzeitig aus dem Vertrag aussteigt.

Edda Castelló von der Verbraucherzentrale Hamburg hält es für wahrscheinlich, dass die Gesellschaften die Urteile anfechten werden und erst der Bundesgerichtshof in etwa anderthalb Jahren endgültig entscheiden wird. Die Verbraucher sollten bis dahin aber aktiv werden:

Welche Versicherungskunden sind betroffen?

Wer zwischen 2001 und 2007 eine Kapitallebens- oder private Rentenversicherung abgeschlossen und aufgelöst hat, profitierte bislang weder vom Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) für ältere Verträge noch von der seit 2008 geltenden gesetzlichen Regelung. Die Versicherungsgesellschaften kassieren für Verträge aus dieser Zeitspanne gleich zu Beginn der Vertragslaufzeit Gebühren und Provisionen, die mit den Beiträgen der ersten Jahre verrechnet werden, sagte Castelló der AP am Montag.

Wie wirken sich die Abschlusskosten aus?

Es kann passieren, dass ein Kunde nach drei Jahren seinen Vertrag kündigt, aber keinen Cent zurückbekommt, weil die Abschlusskosten höher sind als die Einzahlungen. Oft verlieren Kunden auf diese Weise mehrere tausend Euro.

Wie hoch sind die Abschlusskosten in der Regel?

Nach Angaben der Verbraucherschützerin berechnen die Gesellschaften mindestens vier Prozent der Versicherungssumme. “Das geht aber auch schon mal bis auf zwölf Prozent hoch“, sagt sie. Ein Kunde müsste bei diesem Prozentsatz für eine private Rentenversicherung über 100.000 Euro zunächst 12.000 Euro an Gebühren bezahlen, bevor sich das Geld langsam durch Zinsen wieder vermehrt. 76 Prozent der Verträge mit 30 Jahren Laufzeit werden laut Castelló vorzeitig beendet - ein schlechtes Geschäft für den Verbraucher.

Was können Versicherungskunden jetzt tun?

“Das allerwichtigste ist, dass die Leute an ihre Versicherung schreiben: 'Ich will mein Geld zurück!'“, rät Castelló. Ein Musterbrief findet sich auf der Internetseite der Verbraucherzentrale Hamburg (http://www.vzhh.de). Die Versicherer würden nicht von sich aus auf die Kunden zugehen. “Die Strategie ist Aussitzen und auf Verjährung hoffen.“

Welche Schritte kommen noch infrage?

Falls das Versicherungsunternehmen die Forderung nach einer höheren Rückzahlung zurückweist, sollten sich Kunden laut Florian Overbeck vom Bund der Versicherten dafür einsetzen, dass die Verjährungsfrist nicht verstreicht. Dazu könnten sie schriftlich den sogenannten Verzicht der Einrede der Verjährung fordern. Das letzte Mittel sei eine Klage.

Welche Fragen sind bei der Verjährung noch offen?

Die große Frage ist, ab welchem Zeitpunkt die Verjährungsfrist läuft. Ob der Vertragsabschluss oder das Urteil vom vergangenen Freitag gilt, muss noch höchstrichterlich entschieden werden, wie Castelló erklärt. Laut Markus Feck von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen handelt es sich bei den Rückzahlungen an die Versicherten juristisch betrachtet um “Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung“. Die Frist beträgt demnach drei Jahre.

Wie viel Geld können die Kunden erhoffen?

Nach dem Urteil des Landgerichts Hamburg gelten laut Costelló für die drei Musterklagen die erst seit 2008 vorgeschriebenen 85 Prozent der eingezahlten Beiträge. Nach der Entscheidung des BGH für die Fälle vor 2001 müssen die Versicherer mindestens 50 Prozent zurückerstatten. Nach Einschätzung der Verbraucherschützerin werden die erstatteten Beträge irgendwo dazwischen liegen.

Was bedeutet das Urteil für die Versicherer?

Bei rund vier Millionen neu abgeschlossenen Verträgen im Jahr geht es für die Versicherungsgesellschaften um rund zwei Milliarden Euro an Gebühren pro Jahr, wie Castelló vorrechnet. Die Unternehmen könnten also größere Einbußen erleiden, wenn sie deutlich weniger von den derzeitigen Gebühren kassieren dürften.

ap

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