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Milliarden-Investitionen: Europa und die USA basteln an der Chip-Wende

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Von: Kathrin Braun

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Die besten Mikrochips der Welt kommen derzeit vom taiwanischen Hersteller TSMC.
Die besten Mikrochips der Welt kommen derzeit vom taiwanischen Hersteller TSMC. © Taiwan Semiconductor Manufacturing Co., Ltd.

Taiwan ist die Nummer eins auf dem Mikrochipmarkt - noch. Europa und die USA wollen mit viel Geld die Abhängigkeit vom Inselstaat reduzieren.

Taipeh – Wer einen Neuwagen will, braucht Geduld: Kunden müssen oft ein halbes Jahr oder länger warten. Grund ist der weltweite Mangel an Halbleiterprodukten, kurz „Chipkrise“ genannt. Auslöser war die Corona-Pandemie, der Taiwan-Konflikt und der Ukraine-Krieg verschärfen die Lage. Viele Autobauer mussten ihre Bänder stoppen und tausende Angestellte in Kurzarbeit schicken. Vor allem die Spannungen zwischen Taiwan und China nähren die Sorge, der Halbleitermangel könne sich verstärken. „TSMC in Taiwan ist und bleibt der Platzhirsch in der fortgeschrittenen Mikrochiptechnologie“, betont Peter Fintl, Chipexperte bei der Technologieberatung Capgemini Engineering. Europa habe in diesem Bereich dagegen den Anschluss verpasst. Mikrochipfabriken in Europa könnten Lieferketten verkürzen und die Abhängigkeit von Taiwan lockern. Weil die Industrie zunehmend vor einem dauerhaften Chipmangel in Europa warnt, hat die EU Anfang 2022 den „European Chips Act“ auf den Weg gebracht: Bis zum Jahr 2030 soll der europäische Marktanteil an der weltweiten Chipproduktion auf 20 Prozent verdoppelt werden. Brüssel will 43 Milliarden Euro Fördermittel investieren.

Bayerns Chip-Hunger: Aiwanger möchte die Industrie stärken

Angesichts der enormen Summe plädiert Fintl dafür, die Chip-Wende als gesamteuropäisches Projekt zu betrachten. „Da sind Standorte von Irland, wo es schon Halbleiter-Fabriken von Intel gibt, bis nach Südeuropa denkbar.“ Deutschland habe „beste Standortvorteile“, etwa in Dresden. Die sächsische Landeshauptstadt gilt als „Silicon Saxony“, Deutschlands Chip-Metropole. Firmen wie Bosch und Globalfoundries, einer der größten Mikrochip-Hersteller Europas, produzieren dort Mikrochips und bauen ihre Standorte aus. Der US-Riese Intel baut aktuell eine Mega-Fabrik in Magdeburg, in Neubiberg bei München produziert Infineon Halbleiter. Fintl: „In Bayern ist der Bedarf an Halbleitern durch die ausgeprägte Auto- und Hightech-Industrie besonders groß.“

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) möchte die Chip-Industrie stärken und hat ein bayerisches „Halbleiter-Bündnis“ ins Leben gerufen – eine Art Netzwerk, in dem Politik, Wirtschaft und Forschung gemeinsam an Ideen tüfteln. „Bayern hat das Potenzial, einer der führenden Chip-Standorte zu werden“, sagte Aiwanger unserer Zeitung. „Unser Vorteil ist schon heute die Kombination aus Spitzenforschung und starker Industrie.“ Dazu kämen Top-Unis wie die Technische Universität München oder Apple als führendes Unternehmen mit Standort in München. Das Ziel sei eine Stärkung der Chip-Souveränität in Bayern, Deutschland und Europa. „Eine Autarkie wird es nicht geben können.“ Daher seien enge Beziehungen mit den USA und auch Asien notwendig. Sollte Taiwans Chip-Gigant TSMC ernsthaft erwägen, sich in Europa anzusiedeln, würde er „aktiv für den Standort Bayern werben“.

USA gegen China: Vereinigte Staaten haben Chip-Frage au der Agenda weit nach oben gerückt

Auch die USA haben die Chip-Frage auf ihrer politischen Agenda weit nach oben gerückt. Erst im August segnete Präsident Joe Biden den „US Chips and Science Act“ ab, wonach die Halbleiter-Produktion in den USA mit 52 Milliarden Dollar angekurbelt werden soll. In den vergangenen Jahren war der Anteil der USA an der weltweiten Produktion stark zugunsten Asiens geschrumpft – auf nur noch zwölf Prozent. Vor allem der Wettlauf mit China bereitet Sorgen. Das Verhältnis zu Taiwan hingegen ist gut. Die USA betonen, bei einem Angriff auf Taiwan die Regierung in Taipeh militärisch zu unterstützen. Ob mit Waffenlieferungen oder einer direkten Beteiligung von US-Soldaten, das lässt Washington bewusst offen. kab

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