Aus für kleine Cent-Münzen? GroKo will „nachdenken“ - FDP warnt vor Bargeld-Abschaffung

1,99 Euro - ein klassischer Preis in den deutschen Läden. Bald könnten die Läden den Cent aber einbehalten, anstatt ihn herauszugeben. Die EU-Kommission erwägt eine wichtige Änderung in Sachen Bargeld.
- Das gewohnte Bild im Münzfach des Geldbeutels könnte sich in der Euro-Zone bald ändern.
- Die EU-Kommission erwägt offenbar die Abschaffung der kleinsten Cent-Münzen.
- Die CSU befürchtet hinter dem Vorstoß einen „Einstieg in den Ausstieg“ aus dem Bargeld.
Update vom 2. Februar, 21.05 Uhr: Im Bundestag gibt es laut einem Zeitungsbericht viel Zuspruch für die geplante Abschaffung von Ein-Cent- und Zwei-Cent-Münzen. Das habe eine Umfrage unter den Fachpolitikern der Bundestagsfraktionen ergeben, berichtete die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung.
Für die Union lobte die Finanzpolitikerin Antje Tillmann (CDU) das Vorhaben der EU-Kommission. "Auf Ein-Cent- und Zwei-Cent-Münzen können wir gut verzichten, auf unser Bargeld natürlich nicht", sagte sie der FAS. Weil viele Menschen bargeldlos zahlten, seien die Kosten für die Prägung der Münzen höher als ihr Nutzen. Eine Abschaffung wäre daher "konsequent".
Der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Lothar Binding, urteilte, das "Handling von Bargeld" müsse "so effizient wie möglich sein". Deshalb "sollte über eine Abschaffung nachgedacht werden".
Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer nannte die Prägung von jährlich fast einer Milliarde Ein- und Zwei-Cent-Münzen eine "riesige, unnötige und teure Ressourcenverschwendung". Nach wenigen Jahren seien all diese Münzen "in irgendwelchen Schubladen verschwunden". Tatsächlich besitzt laut EU-Kommission jeder Bürger der Eurozone im Schnitt 181 dieser Münzen - Tendenz steigend.
FDP, AfD und Linkspartei sind allerdings gegen eine Abschaffung der kleinen Münzen. FDP-Politiker Otto Fricke nannte den Plan "riskant". Es drohe die Gefahr eines "schleichenden Endes des Bargeldes", dieses sei aber "geprägte Freiheit für den Einzelnen und gesellschaftlicher Kitt im Zwischenmenschlichen".
Update vom 29. Januar, 15.03 Uhr: Die Beratungen der EU-Kommission über die Abschaffung der Cent-Münzen laufen offenbar erst einmal ins Leere. Vor einer Abschaffung wolle man mögliche Folgen genau prüfen, heißt es am Mittwochnachmittag. Noch sei nichts entschieden, sagte Kommissionsvize Maros Sefcovic am Mittwoch in Brüssel. Wichtig seien vor allem einheitliche Regeln für das Runden bei krummen Preisen im Einzelhandel. Einzelne EU-Staaten hätten solche Rundungsregeln bereits eigenständig eingeführt.
In den Niederlanden etwa hatte man sich des Kupfergeldes sowieso nie bedient. Anstatt die kleinen Eurocent-Münzen in Umlauf zu bringen, wurden Preise mathematisch auf- oder abgerundet. Im Durchschnitt sollte den Bürgern damit kein Verlust entstehen, so die gängige Meinung. Der Rest Europas ließ sich die Cent-genaue Abrechnung aber nicht nehmen. Jetzt könnte es dennoch bald damit vorbei sein. Neben den Niederlanden haben Finnland und Irland die Ausgabe der Ein- und Zwei-Eurocent-Münzen eingestellt.
Mini-Münzen sollen abgeschafft werden: Bundesbank-Vorsitzender mit eindringlicher Warnung
Update vom 29. Januar 2020: Vor nicht allzu langer Zeit ist Deutschland die Zustimmung für die Abschaffung der Ein- bis Zwei-Cent-Münzen größer gewesen, denn je. Laut Eurobarometer 2018 sprachen sich rund 60 Prozent der Bundesbürger für die Abschaffung aus. In vorherigen Umfragen hatten die Bundesbürger mehrheitlich an dem Kupfergeld festgehalten. Kritik kommt nun aber von anderer Seite: Bundesbank-Vorstandsmitglied Johannes Beermann spricht sich für den Erhalt der Cent-Münzen aus: „Es gibt genug Menschen, die auf jeden Cent achten müssen. Es ist eine Frage der Wertschätzung.“ Das berichtet Bild.de.
„Die Deutschen lieben Bargeld,“ behauptet Beermann und appelliert an die Entscheider: „Solange der Einzelhandel Preise macht, die zum Beispiel auf 99 oder 98 Cent enden, sollte man das Kleinstgeld behalten.“
Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Stefan Müller (CSU), hat Einwände und befürchtet, dass „die Abschaffung der Kleinmünzen der erste Schritt zur Abschaffung des Bargeldes“ wäre. Der Bild-Zeitung sagt Müller: „Nur Bares ist Wahres. Deshalb möchten wir, dass es weiter Bargeld gibt.“
Kleine Cent-Münzen: EU-Kommission plant einschneidende Änderung beim Bargeld
Brüssel - Gibt es bald mehr Platz im Münzfach des Geldbeutels? Die EU-Kommission unter Chefin Ursula von der Leyen (CDU) plant einem Bericht zufolge eine einschneidende Änderung in Sachen Bargeld: Das Abschaffen der Ein- und Zwei-Cent-Münzen.
Die Reform sei Teil eines Arbeitsprogramms der Kommission, das am Mittwoch vorgestellt wird, schreibt die Süddeutsche Zeitung in ihrer Dienstagsausgabe. Die Rede ist von einem "Vorschlag für einheitliche Rundungsregeln" mit dem Ziel, die kleinsten Münzen abzuschaffen.
Cent-Münzen bald Vergangenheit? CSU warnt eindringlich vor „Einstieg in den Ausstieg“
Der durchaus folgenreiche Vorstoß finde sich ganz bescheiden unter Punkt 43 in einer Liste von „Initiativen zur Entbürokratisierung“, heißt es. Verwiesen werde auf einen Bericht der Kommission von 2018, wonach immer mehr Staaten mit der europäischen Gemeinschaftswährung dazu übergegangen seien, Beträge beim Einkaufen auf volle fünf Cent runden zu lassen.
Das spare die Herstellungskosten für die Ein- und Zwei-Cent-Münzen, die Mühe beim Zählen sowie den Transport, zitierte die Zeitung weiter aus dem Bericht. Jährliche Umfragen der Kommission hätten zudem gezeigt, "dass es heute in keinem Land mehr eine Mehrheit für die Beibehaltung dieser beiden Stückelungen gibt".
Eine drastische Warnung gab es umgehend aus den Reihen der CSU. "Was die Kommission unter dem harmlosen Namen 'einheitliche Rundungsregeln' plant, muss alle Alarmglocken schrillen lassen", sagte der Europaabgeordnete Markus Ferber der SZ. "Es darf hier keinesfalls der Einstieg in den Bargeldausstieg vorbereitet werden."
EU-Kommission denkt an Aus für kleine Cent-Münzen - mancherorts sind sie de facto bereits verschwunden
Mancherorts in der EU ist das Runden von kleinen Centbeträgen tatsächlich bereits üblich - etwa in Holland, Italien und Finnland. Erst Ende 2019 schloss sich auch Belgien an. Auch dort sind die Ein- und Zwei-Cent-Münzen allerdings so lange offizielle Zahlungsmittel, bis die EU etwas anderes beschließt. Laut einem Bericht der Frankfurter Rundschau* gaben die Euroländer allein in den Jahren 2016 und 2017 rund 3,6 Milliarden Exemplare der kleinsten beiden Cent-Münzen aus.
Andere europäische Länder haben ihre kleinsten Münzeinheiten schon länger abgeschafft. In Schweden etwa ist die kleinste im Umlauf befindliche Münze das 1-Krone-Stück - es entspricht in seinem Wert ungefähr einer 10-Cent-Münze. Eine kuriose Randnotiz gibt es auch aus Deutschland: Auf einer Nordsee-Insel sind die ganz kleinen Münzen bereits jetzt Mangelware.
Video: Italien schafft die Ein- und Zwei-Cent-Münzen ab.
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AFP/fn
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