Rente: Studie zeigt, warum die Angst vor Altersarmut wächst
Jeder Zweite über 60-Jährige macht sich wegen Altersarmut Gedanken, wie eine aktuelle Studie zeigt. Gleichzeitig sorgen immer weniger Menschen vor.
Berlin – Die Altersarmut in Deutschland nimmt zu: Mehr Rentner müssen dieses Jahr zusätzlich zu ihrer Rente Grundsicherung beziehen. Das geht aus Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervor, die die Linke angefragt hatte. Im Juni bekamen demnach mehr als 628.570 Rentnerinnen und Rentner die Sozialleistung. Im Vergleich zum Juni 2021 ist das ein Anstieg von mehr als 51.000 Menschen.
Die Sozialleistung erhalten Menschen, deren Einkommen im Rentenalter nicht ausreicht, um ihren Lebensunterhalt zu decken. Darunter sind mehr Frauen als Männer: Laut den Zahlen für den Juni bezogen rund 354.700 Frauen und knapp 273.900 Männer die Leistung. Schon in den vergangenen Jahren war die Zahl der älteren Menschen, die Grundsicherung beziehen, gestiegen. So hatte die Zahl vor fünf Jahren noch bei 557.526 gelegen.
Studie: Jeder Zweite über 60-Jährige macht sich wegen Altersarmut Gedanken
Eine aktuelle Studie zeigt, dass vielen Deutschen die Gefahr für Altersarmut durchaus bewusst ist. Laut einer Erhebung des Bankenverbands macht sich jeder zweite Befragte im Alter von über 60 Jahren Gedanken um Altersarmut – vor zwei Jahren war es noch jeder Dritte. „Ein Grund dafür ist die steigende Inflation“, sagt Henriette Peucker, Vizechefin des Bankenverbandes. Auch bei den Jüngeren wachsen die Sorgen um finanzielle Sicherheit im Alter: 38 Prozent der 18- bis 29-Jährigen gaben an, sich vor Altersarmut zu fürchten – auch bei dieser Gruppe war die Angst vor zwei Jahren geringer und wurde nur von 20 Prozent geäußert. .
Gleichzeitig sorgen der Erhebung zufolge aber immer weniger Menschen fürs Alter vor. „Besorgniserregend ist, dass sich immer weniger Menschen mit dem Thema Altersvorsorge auseinandersetzen. Und das, obwohl sie sich der Probleme bewusst sind“, sagt Peucker. Die Politik habe das Problem erkannt, müsse jetzt aber auch entschlossen handeln. „Die Weiterentwicklung der gesetzlichen Rente mit der neu eingeführten Aktienrücklage ist dabei ein erster Schritt“, so die Vizechefin.
Kann die Aktienrente die gesetzliche Rente stabilisieren?
Die von Finanzminister Christian Lindner (FDP) geplante Aktienrente – eine teilweise Kapitaldeckung der gesetzlichen Rentenversicherung – soll zur langfristigen Stabilisierung von Rentenniveau und Rentenbeitragssatz betragen. Der für den Einstieg in die Kapitaldeckung notwendige Kapitalstock, eine sogenannte Aktienrücklage, soll nun mit Schulden aufgebaut werden. Laut Papier des Finanzministeriums ist das Ziel, mit der Aktienrücklage die „Renditechancen“ des globalen Kapitalmarkts zu nutzen. Einige europäische Länder praktizieren dies bereits seit Jahrzehnten erfolgreich.
Der Chef des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft, Markus Jerger, sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Unserem Rentensystem droht ab 2025 durch den Renteneintritt der Baby-Boomer-Generation der Finanzierungsnotstand. Bis 2040 sind es dann rechnerisch weniger als zwei Arbeitnehmer, die einen Rentner finanzieren. Auch die Aktienrente, die wir als zusätzliches Standbein der Altersvorsorge befürworten, kann die strukturellen Defizite nicht ausgleichen.“
Wolle die Bundesregierung einen Kollaps der gesetzlichen Rentenversicherung verhindern, müsse sie eine grundlegende Reform angehen. „Dazu gehören die Anpassung des Renteneintrittsalters auf 68 Jahre, mehr Anreize für Verdienstmöglichkeiten im Alter und die Einbeziehung der Beamten als Beitragszahler in die Sozialversicherung.“
Mit Material der dpa