Rente: Arbeitsminister Heil plant „kräftige Erhöhung“ für dieses Jahr

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sieht im laufenden Jahr Luft für eine spürbare Rentenerhöhung - und weist Zweifel an der langfristigen Tragfähigkeit des Rentensystems zurück.
Berlin – Rentner können sich im laufenden Jahr auf einen deutlichen Renten-Aufschlag freuen. Das machte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) in einem am Donnerstag veröffentlichten Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur deutlich. „Es wird nach all dem, was wir wissen, in diesem Jahr eine kräftige Rentenerhöhung geben“, sagte Heil.
Rechtzeitig vor der turnusgemäß am 1. Juli anstehenden Anpassung* werde er die Reaktivierung der Wirkung des Nachholfaktors auf den Weg bringen. Mit dieser bereits angekündigten Änderung der Berechnung soll die Rentenerhöhung* dieses Jahr etwas kleiner ausfallen als ursprünglich vorhergesagt.
Hubertus Heil: Rente soll um „über vier Prozent“ steigen
Den Nachholfaktor bezeichnete der Minister als Ausgleich dafür, „dass es im Jahr 2021 trotz Corona-Einbruch keine Rentenkürzung gab“. Tatsächlich hatte eine geltende Rentengarantie vergangenes Jahr für eine Nullrunde gesorgt. Die Rentenentwicklung folge weiterhin im Grundsatz der Lohnentwicklung, betonte Heil. „In diesem Sommer dürfte das nach jetzigem Stand eine Steigerung über vier Prozent sein.“ Ende November hatte Heil 4,4 Prozent genannt. Die endgültige Höhe der Anpassung zum 1. Juli steht erst im Frühjahr fest.
Zugleich wies Heil Kritik an der langfristigen Tragfähigkeit der Rentenbezüge zurück. „Die entscheidende Schlacht zur Stabilisierung der Rente findet am Arbeitsmarkt statt“, sagte der SPD-Politiker. „Die Stabilisierung der gesetzlichen Rente* ab 2025, also in der Zeit, in der die geburtenstarken Jahrgänge der sogenannten Babyboomer verstärkt in Rente* gehen, gelingt nicht allein über Beiträge und Steuergeld.“ Nötig sei es vor allem, möglichst viele Menschen im erwerbsfähigen Alter in gut bezahlter Arbeit zu haben.
Rente: Wirtschaft sieht Entwicklung mit wachsendem Unbehagen
Unter Beobachtern wächst hingegen das Unbehagen über die aktuelle Entwicklung. Aktuell sind die meisten Einzahler in die Rentenkasse zwischen 55 und 60 Jahren. Wenn diese Altersgruppe in gut zehn Jahren im Ruhestand ist, könnten nach heutigem Stand Milliarden-schwere Renten-Beiträge fehlen.
Angesichts dieser Perspektiven hatte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger der Politik bereits „unterlassene Reformen“ und einen „kompletten Blindflug“ vorgeworfen. Unzufrieden sind die Spitzenfunktionäre der Wirtschaft vor allem mit den Rentenplänen aus dem Koalitionsvertrag. Ihre Rechnung ist: Wenn das Rentenniveau wie angekündigt bei 48 Prozent gesichert und auf eine Anhebung des Alters für den Renteneintritt verzichtet werden soll, wären unweigerlich höhere Beiträge oder mehr Steuersubventionen die Folge. Schon heute fließen mehr als 100 Milliarden Euro vom Bund in die Rentenkasse.
Heil verspricht „Doppelstrategie“
Heil verteidigte die Rentenpläne hingegen als „Doppelstrategie“. „Wir stabilisieren die Alterssicherung finanziell, auch durch den Aufbau des Kapitalstocks.“ So will die Ampelkoalition mit zunächst zehn Milliarden Euro im neuen Jahr in die Kapitalbildung bei der Rentenkasse einsteigen. „Und wir werden gleichzeitig am Arbeitsmarkt unsere Hausaufgaben machen“, sagte Heil. Beobachter halten das überfällig. Selbst ein Kapitalstock von zehn Milliarden Euro gilt vielen dauerhaft als unzureichend. Ohne eine umfassende Reform dürften die Rentenkassen auf Dauer unter Druck geraten. (dpa/utz) *Merkur.de ist Teil von IPPEN.MEDIA.