Streik: Diese Rechte haben Arbeitnehmer, wenn der Nahverkehr lahmliegt

Der Streik im Öffentlichen Dienst trifft Hunderttausende. Für Arbeitnehmer wird es dann schwierig, ins Büro zu kommen. Haben Arbeitnehmer an Streiktagen das Recht auf Homeoffice?
München – Am Donnerstag und Freitag gibt es in Bayern Warnsteiks im Öffentlichen Dienst. U-Bahnen und Straßenbahnen sollen in München an diesen beiden Tagen gar nicht mehr fahren, Busse nur zum Teil. Im Zuge des Tarifstreits gibt es bereits seit WochenWarnstreiks in Kindertagesstätten und an Flughäfen. All das trifft nicht nur die kommunalen Arbeitgeber, sondern auch Hunderttausende von Arbeitnehmern. Dominic Hauenstein, Rechtsanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Kupka und Stillfried in München, gibt Antworten auf die drängendsten Fragen.
Was gilt grundsätzlich an Streiktagen?
Grundsätzlich gelten auch an Streiktagen die zwei Prinzipien: Das Wegerisiko liegt beim Arbeitnehmer, und „ohne Arbeit, kein Lohn“. Das heißt, ein Angestellter kann nicht einfach zu Hause bleiben, weil Bus und Bahn nicht fahren. Es ist das Risiko des Arbeitnehmers, nicht fußläufig zum Arbeitsort zu wohnen. Daran ändert auch ein – in aller Regel ja angekündigte – Streiktag nichts. Wenn der übliche Arbeitsweg nicht möglich ist, muss sich der Arbeitnehmer nach einer zumutbaren Alternative umsehen.
Was bedeutet zumutbar?
Das hängt vom Einzelfall ab. Grundsätzlich kann man sagen, es ist zumutbar statt einer kurzen Bahnfahrt das Auto oder das Fahrrad zu nehmen. Allerdings muss ich auch einen Führerschein besitzen oder körperlich in der Lage zu sein, Fahrrad zu fahren, sonst ist es unzumutbar. Auch mögliche FMehrkosten – etwa für ein Taxi – muss der Arbeitnehmer selbst tragen. Aber auch sie müssen zumutbar sein.
Was ist, wenn man zu spät zur Arbeit kommt?
Rechtlich liegt es in der Verantwortung des Arbeitnehmers, Risiken wie Staus durch das höhere Verkehrsaufkommen durch Streiks, zu berücksichtigen. „Ich muss früh genug losfahren, einfach zu spät kommen geht nicht“, warnt Hauenstein. Ideal sind hier Arbeitszeitkonten, durch die man die verlorene Zeit wieder hereinarbeiten kann. Wer zu spät zur Arbeit kommt, sollte unbedingt dem Arbeitgeber Bescheid geben, ansonsten kann eine Abmahnung drohen. Im schlimmsten Fall, wenn man etwa über mehrere Tage unentschuldigt zu spät kommt, sogar eine fristlose Kündigung, so der Anwalt.
Gibt es an Streiktagen ein Recht auf Homeoffice oder auf einen freien Tag?
Nein, wegen eine Streiks gibt es keinen Anspruch auf Homeoffice. Es gilt ganz normal das, was im Arbeitsvertrag geregelt ist. „Wenn es hier eine Vereinbarung gibt, ist das natürlich etwas anderes“, erklärt Hauenstein. Auch Anspruch auf einen freien Tag wegen des Streiks gibt es nicht. Aber man kann zum Beispiel, absprechen, Überstunden abzubauen. Überhaupt hilft in den meisten Fällen ein Gespräch zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
Was gilt für Eltern, deren Kinder wegen eines Streiks nicht in den Kindergarten können?
Hier stellt sich die Gesetzeslage etwas anders dar. Denn es gilt, die Betreuung des Kindes sicherzustellen. Grundsätzlich müssen Eltern versuchen, eine Betreuungsalternative zu finden. Ein Elternteil darf nur zuhause bleiben, wenn niemand anders auf die Kinder aufpassen kann, wie zum Beispiel Großeltern. Wenn der Streik lange genug – das heißt mehrere Tage – im Voraus angekündigt war, ist die Suche nach Alternativen zumutbar. Sollte es keine andere Möglichkeit der Betreuung geben, dann haben viele Eltern das Recht, bezahlt freie Tage zu nehmen. Im Bürgerlichen Gesetzbuch gibt den Paragraf 616, der die bezahlte Freistellung von Arbeitnehmern in definierten Fällen und in „verhältnismäßig nicht erheblicher Zeit“ regelt. Doch Vorsicht: Arbeitnehmer müssen sich informieren, denn es gibt Tarif- und Arbeitsverträge, die die Regelung vertraglich ausschließen oder einschränken.