Supermarkt-Expertin: So sparen Sie trotz steigender Preise beim Einkaufen

Die Preise für Lebensmittel im Supermarkt sind durch die Bank weg gestiegen. Ernährungsexpertin Andrea Danitschek erklärt, wie man jetzt die Haushaltskasse entlasten kann.
München - Jeder merkt es beim Einkaufen: Lebensmittel sind fast quer durchs Sortiment deutlich teurer geworden. Der Krieg in der Ukraine sorgt zum einen für unterbrochene Lieferketten. Viele Agrarprodukte – etwa Getreide oder Sonnenblumenöl – werden infolgedessen knapp und teurer. Auf der anderen Seite verteuert der Krieg und damit verbundene Sanktionen auf breiter Front die Energiekosten, was sich ebenfalls auf die Produktpreise auswirkt. Wie man die Haushaltskasse beim Einkaufen entlasten kann, darüber sprachen wir mit Andrea Danitschek, Ernährungsexpertin bei der Verbraucherzentrale Bayern.
Alles wird teurer. Haben Sie mal ausgerechnet, was das einen Durchschnittshaushalt kostet?
Es gibt eine Berechnung von Pricewaterhouse Cooper. Demnach wird ein durchschnittlicher Haushalt durch die Preissteigerungen um 242 Euro im Monat belastet. Das sind fast 3000 Euro im Jahr – und die Untersuchung ist aus dem Februar. Man darf getrost davon ausgehen, dass sich die Belastung seit dem noch deutlich erhöht hat. Zumal ja die Preissprünge bei den Energiekosten erst danach kamen.
Bleiben wir bei den Lebensmitteln. Was ist denn derzeit noch günstig? Was sollte man kaufen?
Normalerweise sind die Dinge, die gerade Saison haben, am günstigsten. Doch die Preisfindung im Einzelhandel ist komplex und nicht immer so genau nachvollziehbar. Da wirken sich Spätfolgen der Corona-Krise ebenso aus wie zum Beispiel schlechte Ernten bei bestimmten Obst- und Gemüse-Sorten. Aber generell sollte man sich an die Saisonware halten. Günstig ist derzeit auch noch vieles von der Lagerware, also Pastinaken, Karotten, Äpfel oder Kürbisse. Kartoffeln – eigentlich ja ein sehr preiswertes Lebensmittel – waren bislang relativ teuer, weil im Herbst die Ernte nicht so besonders war. Aber jetzt kommen die frühen Sorten auf den Markt, da kann man dann wieder zugreifen. Auch Blattsalate, die jetzt allmählich aus heimischem Anbau kommen, sind bald auf dem Markt – und dann vergleichsweise günstig. Tomaten hingegen sind noch recht teuer. Da muss man bis in den Sommer auf günstigere Preise warten. Auch für Erdbeeren ist es noch zu früh.
Ernährungsexpertin Danitschek: Gerade bei Frischware - Vorsicht bei Sonderangeboten
Saisonal kaufen war früher einfacher, weil es auch nicht alles zu jeder Zeit gab. Viele Leute wissen gar nicht mehr, welches Gemüse gerade Saison hat. Können Sie denen einen Rat geben?
Ganz einfach im Internet nach einem Saisonkalender suchen. Da sieht man, wann Blumenkohl, Rhabarber oder Spargel geerntet werden. Davon kann man sich gleich für seinen Speiseplan inspirieren lassen.
Wenn man Sonderangebote nutzt, kann man dabei auch etwas falsch machen?
Gerade bei Frischware muss man realistisch überlegen, wie viel davon man verbrauchen oder verarbeiten kann. Wenn zu viel Gekauftes schlecht wird, ist der Einspareffekt schnell dahin. Außerdem macht es natürlich nicht viel Sinn, wegen kleiner Preisunterschieden mehrere Supermärkte anzufahren – schon gar nicht bei den hohen Spritkosten derzeit. Außerdem ist gar nicht gesagt, ob ein Sonderangebot wirklich günstiger ist als das Produkt von einem anderen Hersteller. Auch ist eine größere Packung nicht automatisch günstiger als eine kleine.
Wie merke ich das?
Da hilft der Grundpreis, der auf allen verpackten Lebensmitteln angegeben werden muss. Also der Preis je 100 Gramm oder je Liter. Das macht die Waren preislich miteinander vergleichbar. Es gibt ja zum Beispiel bei Müsli keine einheitlichen Verpackungsgrößen, das eine ist ein 500-Gramm-Beutel, das andere 750 Gramm. Das kann man auf die Schnelle gar nicht ausrechnen, und da hilft die Grundpreisangabe enorm.
Sparen trotz steigender Lebensmittelpreise: Expertin rät zu Koch- und Einkaufsplänen
Was ist mit der Qualität?
Bei Produkten, die nicht Bio-Ware sind, finde ich es oft schwer, einen Vorzug von Markenerzeugnissen zu begründen. Wenn man die Zutatenliste vergleicht, gibt es da oft keinerlei Unterschied zu den Eigenmarken der Supermärkte, und somit wenig Grund, mehr für die Marke zu bezahlen. Ich habe zum Beispiel heute Morgen Haferflocken gekauft. Das Markenprodukt kostet ziemlich genau doppelt so viel wie die Noname-Ware. Anhand der Packungsangaben konnte ich keinen Qualitätsunterschied erkennen – bei Haferflocken pur gibt’s ja keine unterschiedlichen Zutaten.
Wenn auf Sonderangebote nicht so viel Verlass ist, wie kann man dann sparen?
Ich würde die Zeit lieber dafür investieren, mir einen Plan zu machen. Am besten einen Koch- und Einkaufsplan für die ganze Woche. Dann geht man – nicht unter Zeitdruck und nicht mit leerem Magen – einmal in der Woche zum Großeinkauf und dann noch ein bis zwei Mal, Frisches nachkaufen. Je öfter und ungeplanter man einkaufen geht, desto mehr Geld gibt man für Überflüssiges aus.
Man soll sich einen Einkaufszettel schreiben?
Ja, ganz altmodisch. Oder auf dem Smartphone, das ist egal. Wichtig ist, zu schauen, was habe ich noch im Kühlschrank oder im Vorratsschrank und was brauche ich noch, um etwas daraus zu machen. Dabei berücksichtigt man, was bald schlecht wird und was sich noch länger hält. Und schreibt sich dementsprechend eine Einkaufsliste. Man muss einfach an Zeit investieren, was man an Geld sparen möchte.
Lebensmittel immer teurer: Preissteigerung vor allem auch bei verarbeiteten Produkten erwartet
Viele sind überfordert, wenn sie plötzlich aus Resten etwas zaubern sollen oder Saisongemüse einwecken.
Niemand muss mit Einkochen und Einwecken anfangen. Wer wenig Erfahrung in der Küche hat, geht es halt einfach an. Das Einfachste, wie man Frisches haltbar machen kann, ist das Einfrieren. Ein Tiefkühlfach im Kühlschrank oder eine Gefriertruhe hat fast jeder. So kann man übrigens auch Brot sehr gut haltbar machen. Einfach in Scheiben geschnitten einfrieren und dann im Toaster oder im Ofen wieder aufbacken.
Das wirkt auch der Lebensmittelverschwendung entgegen.
Genau. Dazu gehört auch, zu wissen, dass ein Mindesthaltbarkeitsdatum nicht mit einem Verfallsdatum zu verwechseln ist. Das gilt vor allem für Milchprodukte. Zum Beispiel ein Joghurt, den man originalverpackt im hinteren Eck des Kühlschranks findet, und dessen Mindesthaltbarkeitsdatum seit drei Wochen abgelaufen ist. Wenn er normal riecht und schmeckt, dann ist er auch noch gut.
Was mache ich, wenn ich nicht kochen kann?
Es war noch nie so nieder-schwellig, mit dem Kochen anzufangen. Ich muss ja heute noch nicht mal mehr ein Kochbuch kaufen, sondern kann mir bei YouTube anschauen, wie Gerichte gemacht werden. Oder man kann die Mama fragen, die freut sich vielleicht darüber. Klar ist, dass vor allem stark verarbeitete Produkte künftig wohl noch teurer werden, weil die Rohstoffen Futter- und Düngemittel im Preis steigen. Kochen lernen zahlt sich also auf alle Fälle aus. Sparen kann man auch oft schon, wenn man Dinge nur selbst zubereitet. Für das Geld, das ein Sandwich aus dem Laden kostet, bekomme ich meistens einen ganzen Laib Brot, ein Päckchen Käse und noch Salat obendrauf.
Ernährungsexpertin erklärt: Darauf sollte man im Supermarkt konkret achten
Worauf muss ich beim Einkauf im Supermarkt konkret achten?
Zunächst auf die Platzierung der Waren. Teure Markenprodukte findet man vorwiegend auf Augenhöhe. Daneben gibt es die sogenannte Bückware, das sind meistens die sehr viel günstigeren Eigenmarken der großen Ketten, die auf den unteren Regalbrettern platziert werden. Außerdem zahlt sich oft aus, wenn ich einen Stamm-Supermarkt habe, in dem ich mich gut auskenne. Denn gerade Vollsortimenter haben Ware oft an verschiedenen Orten einsortiert. Es gibt zum Beispiel ein Nussregal mit den beliebten Hochglanz-Snacks. Und es gibt ein Backregal, wo mitunter dieselben Walnüsse um einiges billiger sind.
Bei was soll man sparen und wo nicht?
Es macht keinen Sinn, bei Obst und Gemüse zu sparen. Da sind die Vitamine drin, die wir dringend brauchen. Die kann man nicht einfach weglassen. Bei tierischen Lebensmitteln dagegen kann man sehr wohl sparen. Die meisten Menschen essen ohnehin zu viel Fleisch und Wurst. Da ist es auch ernährungsphysiologisch gut, wenn wir weniger davon essen. Außerdem lohnt sich das Sparen da besonders, weil die Produkte teuer sind und mittelfristig wohl noch deutlich teurer werden. Auch bei manchen Milchprodukten merkt man, dass die Preise anziehen, bei Sahne und Butter zum Beispiel.
Kann ich auch mit wenig Geld guten Gewissens einkaufen?
Ich verstehe jeden, der nicht genug hat, um Fair Trade oder Bio zu kaufen. Wobei es je nach Produkt manchmal gar keinen so großen Unterschied im Preis gibt, bei Bio-Karotten zum Beispiel sind es nur ein paar Cent. Bei konventioneller Ware ist es eben so, dass die Kosten nicht an der Kasse abgerechnet werden, sondern als Umweltkosten anfallen. Das muss auch bedacht werden. Aber wenn wirklich das Geld für Bio fehlt, ist es eine gute Alternative und die zweitbeste Lösung saisonal und regional einzukaufen.
Steigende Preise im Supermarkt: Anreiz zum selber kochen
Wenn Lebensmittel teurer werden, kann es ja auch sein, dass wir sie wieder mehr schätzen.
Ja, unbedingt. Das hoffe ich zumindest. Schon im Zuge der Nachhaltigkeitsdebatte ist ja immer stärker in den Mittelpunkt gerückt, dass es nicht sein kann, dass wir so viel wegwerfen. Wenn man das jetzt noch stärker im Geldbeutel spürt, kann das ja Anreiz sein, noch sorgfältiger darauf zu achten.
Können Sie dem wachsenden Sparzwang noch etwas Positives abgewinnen?
Es ist nicht so leicht, unfreiwillig auf etwas zu verzichten. Denn gerade Lebensmittel, die man gewöhnt ist und mag, geben auch ein Gefühl von Sicherheit. Das ist psychologisch nicht zu unterschätzen. Wer freilich schon länger mit einer Ernährungsänderung liebäugelt, der kann die Gelegenheit nutzen. Also weniger Fleisch essen und weniger Milchprodukte, stattdessen mehr Hülsenfrüchte – das sind sehr hochwertige Eiweißlieferanten – und die sind immer noch vergleichsweise günstig. Auch wer immer schon mehr selber kochen wollte, hat jetzt einen weiteren Anreiz, damit anzufangen. Vielleicht macht es ja sogar Spaß.
Interview: Corinna Maier