„Ekelhaft, geschmackloser Mist“: Siemens Energy sorgt mit Tweet zu Turbine für Nord Stream 1 für Empörung
Die Turbine von Siemens Energy wartet weiter in Mülheim auf ihren Einsatz für die Gaspipeline Nord Stream 1. Mit einem umstrittenen Tweet dazu hat das Unternehmen nun einen Shitstorm entfacht.
Mülheim – Nach dem Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vor zwei Wochen hat die Turbine von Siemens Energy eine gewisse Berühmtheit erlangt. Sie sollte eigentlich bei Wartungsarbeiten für die Gaspipeline Nord Stream 1 eingesetzt werden, wartet aber immer noch versiegelt und einsatzbereit in Mülheim an der Ruhr auf ihren Transport. Russland blockiert bisher die Lieferung.
Siemens Energy fragt auf Twitter nach Playlist-Vorschlägen für Gasturbine
Am Mittwoch hat Siemens Energy dazu auf Twitter ein Foto der versandfertig verpackten Turbine veröffentlicht und dazu geschrieben: „Unsere berühmte Turbine ist immer noch nicht da, wo sie sein sollte. Sie steht einsam an unserem Standort in Mülheim herum. Tun wir dem armen Ding einen Gefallen und erstellen eine Spotify-Playlist. Was soll da rein? Wir fangen an mit „So Lonely“ von The Police an. Was sind eure Vorschläge?“
Daraufhin äußerten die Twitter-Nutzer zahlreiche Ideen – vorgeschlagen wurden unter anderem „Langweilig“ von den Ärzten, „Allein allein“ von Polarkreis 18, „Lemon Tree“ von Fools Garden, „I‘m Still Standing“ von Elton John, „Nobody‘s Child“ von Hank Snow, „Show Me The Meaning Of Being Lonely“ von den Backstreet Boys und weitere Titel.
„Geschmacklos“ und „völlig daneben“: Kritik am Turbinen-Tweet
Doch es gab auch harte Kritik: Medienberater Frank Sarfeld urteilte auf Twitter: „Dieser Tweet ist geschmacklos. Völlig daneben. Es geht um Menschen in der Ukraine, die durch Putins Krieg sterben. Es geht um Familien in Deutschland, die Angst vor der nächsten Gasrechnung haben. Und Siemens so: Hey, findet uns mal eine Playlist für die berühmte Turbine.“
Andere User finden den Tweet „ekelhaft“ und „schändlich“. Ein weiterer Nutzer kommentiert auf dem Kurznachrichtendienst, Siemens Energy würde „geschmacklos auf den Gräbern von toten Ukrainern tanzen“. Ein anderer schreibt: „Wow, hat Siemens keine Leute in der PR-Abteilung angestellt, dass man so einen geschmacklosen Mist auf einem Firmenaccount postet? Ihr fragt ja praktisch nach schlechter Presse. Wie wäre es, wenn man sich als Firma an beschlossene Sanktionen hält?“
Tim Proll-Gerwe, Pressechef von Siemens, verteidigte auf Twitter den umstrittenen Playlist-Tweet: „Die Musiknummer ist der humorvolle Umgang damit, dass die Turbine immer noch in Mülheim steht (warum, ist ja bekannt). Aber fair enough: Wer die Playlist gut findet, beteiligt sich, alle anderen nicht. Aber Bezüge wie „widerwärtig“ oder der Tod von Menschen? Schon grotesk.“
Russland verweigert Lieferung der Turbine für Nord Stream 1
Der russische Energiekonzern Gazprom hat seine Gaslieferungen über Nord Stream 1 seit Juni heruntergefahren und dies mit der fehlenden Turbine begründet, die mit anderen zusammen den Druck zum Durchpumpen des Gases erzeugt. Die Turbine war in Kanada gewartet worden, steht aber seit Mitte Juli in Deutschland, weil Russland die Lieferung verweigert. Gazprom bemängelt fehlende Informationen zur Reparatur der Turbine, Siemens Energy weist die Vorwürfe zurück.
Bundeskanzler Scholz hatte vor zwei Wochen bei einem Besuch in Mülheim gesagt, Russland nutze Vorwände für vertragswidrige Drosselung der Gaslieferungen. Die Turbine sei jederzeit einsetzbar und könne geliefert werden: „Es ist offensichtlich, dass nichts, aber auch wirklich gar nichts dem Weitertransport dieser Turbine und ihrem Einbau in Russland entgegensteht.“ (lma/dpa)