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„Werk wohl nicht mehr zu retten“: MAN vor großen Problemen - Konzernchef spricht von dramatischen Verlusten

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Von: Thomas Schmidtutz

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Das Firmenlogo von MAN ist im MAN-Forum an einem LKW zu sehen.
MAN-Logo: Der Münchner Lkw-Bauer steht vor einer umfassenden Neuausrichtung. © Sven Hoppe/dpa

Der Münchner Lkw-Bauer MAN stellt sich auch für 2021 auf ein schwieriges Jahr ein. Das machte Konzern-Chef Andreas Tostmann im Vorfeld der Betriebsversammlung am Freitag gegenüber Merkur.de deutlich.

München - Der Chef des Münchner Lkw-Bauers MAN, Andreas Tostmann, hat Hoffnungen auf die von einer Schließung bzw. einer Teilverlagerung bedrohten Standorte in Steyr und Salzgitter gedämpft. Das MAN-Werk in Steyr sowie die Komponenten-Fertigung in Salzgitter seien „nicht profitabel“, erklärte Tostmann auf einer virtuellen Betriebsversammlung am Freitagvormittag laut Teilnehmern. Hier müsse man reagieren. 

„Steyr wird wohl nicht mehr zu retten sein“, sagte ein MAN-Mitarbeiter nach der Veranstaltung gegenüber Merkur.de*. MAN baut an seinem Standort in der Nähe von Linz die leichte und mittlere Baureihe (TGL und TGM) für den innerstädtischen Verteilerverkehr. Das Marktsegment schrumpft seit Jahren. 

MAN: Wachsende Fragezeichen

Auch die Fragezeichen hinter der von Schließungen bedrohten Standorte in Wittlich (Rheinland-Pfalz) und Plauen (Sachsen) werden größer. In Wittlich baut MAN Lkw nach Kundenwünschen um, in Plauen Busse. Zwar habe Tostmann am Freitag vor den MAN-Beschäftigten frühere Aussagen bekräftigt, wonach Steyr, Wittlich und Plauen „zur Disposition“ stünden. In Mitarbeiterkreisen schwindet die Hoffnung auf den Erhalt der beiden Standorte allerdings weiter. Es werde wohl „extrem schwierig, Wittlich und Plauen zu retten sein“, heißt es. 

Die ebenfalls von tiefen Einschnitten bedrohten Standorte München und Nürnberg sollen dagegen auch nach der geplanten Neuaufstellung des Konzerns eine tragende Rolle spielen. Nach den Plänen soll München auch langfristig das Hauptwerk bleiben und zum Kompetenzzentrum für E-Mobilität ausgebaut werden, heißt es aus Konzernkreisen. Das Motorenwerk in Nürnberg soll künftig das zentrale Produktionswerk für konventionelle sowie künftige Antriebe sein. 

MAN: Hoffnung auf Erhalt der Komponenten-Fertigung in Salzgitter

Die Zukunft des Standorts Salzgitter ist hingegen offenbar noch nicht abschließend geklärt. In seinem niedersächsischen Werk fertigt die VW-Tochter bislang nicht-angetriebene Achsen sowie Kurbelwellen. Außerdem betreibt der Nutzfahrzeug-Hersteller dort sein weltweites Logistik-Zentrum. Im Zuge der geplanten Sanierung hatte MAN eine Verlagerung der Achsfertigung in das Werk ins polnische Krakau angepeilt. Aus informierten Kreisen heißt es, möglicherweise könnte der Konzern diese Pläne noch revidieren. Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil ist Aufsichtsratsmitglied bei der MAN-Mutter Volkswagen. Dies könnte bei den Verhandlungen „womöglich eine Rolle spielen“, heißt es aus informierten Kreisen. 

MAN-Chef: „2021 wird sehr schwierig“

Wie ernst die wirtschaftliche Lage bei dem Lkw-Bauer ist, hatte Tostmann bereits am Donnerstag in einem Gespräch mit dem Münchner Merkur deutlich gemacht. „Wir gehen mit sehr strikten Lockdown-Regeln ins nächste Jahr“, hatte der MAN-Chef im Vorfeld der Betriebsversammlung erklärt. Daher werde sich das Jahr 2021 „für MAN sicherlich sehr schwierig gestalten“. Für 2022 strebe man aber einen „deutlichen Verbesserungshub an“.

Tostmann bekräftigte gegenüber Merkur.de frühere Aussagen, wonach sich der Konzern im laufenden Jahr auf tiefrote Zahlen einstellt. Nach einer Ende Oktober veröffentlichten Mitteilung rechnet der Lkw-Bauer für 2020 mit einem operativen Verlust von 450 bis 650 Millionen Euro.

MAN Truck & Bus hatte am 11. September ein umfassendes Sanierungsprogramm angekündigt und will insgesamt 1,8 Milliarden Euro einsparen. Dabei sollen 9500 Stellen wegfallen. Ende September hatte der Vorstand zudem die bis 2030 laufenden Beschäftigungs- und Standortsicherungsvereinbarungen gekündigt. Damit wären betriebsbedingte Kündigungen möglich. Seither hat sich die Lage weiter zugespitzt. Erst Ende November hatte der Betriebsrat die Verhandlungen über die Sanierungspläne kurzfristig abgebrochen und dem Unternehmen „Kompromisslosigkeit“ vorgeworfen.

MAN: Klarheit bis Weihnachten

Um die festgefahrenen Gespräche wieder in Gang zu bringen, hatte sich zuletzt auch VW-Personalvorstand Gunnar Kilian eingeschaltet. In der nächsten Woche sollen die Verhandlungen wiederaufgenommen werden. Er wünsche sich „bis Weihnachten Klarheit für die Zukunft von MAN“, sagte Tostmann. Gefragt sei dabei aber ein „sauberes Programm, das uns in eine stabile Zukunft führt und nicht ständig nachgebessert“ werden müsse.

Das Diesel-Zeitalter neigt sich bei dem Lkw-Riesen dementsprechend dem Ende entgegen. Schon in wenigen Jahren setzt die VW-Tochter voll auf die Produktion von Elektro-Fahrzeugen*. *Merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen Digital Redaktionsnetzwerks.

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