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Taliban richten bei WhatsApp Beschwerde-Hotline ein - Facebook-Tochter und Donald Trump jr. reagieren 

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Die Beschwerde-Hotline der Taliban über Whatsapp wurde vom Konzern abgeschaltet - Was für Kritik sorgt.
Die Beschwerde-Hotline der Taliban-Kämpfer wurde von Whatsapp abgeschaltet - Was für viel Kritik sorgt. © Rahmat Gul/dpa

Nach der Machtübernahme geben sich die Taliban moderat - und ganz modern. Auf WhatsApp haben die Kämpfer sogar eine Beschwerde-Hotline für Kabul eingerichtet. Jetzt hat die Facebook-Tochter Riesen-Ärger.

Kabul - Nach der rasanten Machtübernahme der Taliban sitzt der Schock weltweit noch immer tief. Die internationale Gemeinschaft fürchtet, dass die Kämpfer erneut ein menschenverachtendes, islamistisches Regime einführen. Viele bezeichnen die Taliban deshalb als Steinzeit-Gotteskrieger.

Auch wenn Methoden und Ansichten der Taliban rückständig anmuten - In vielen Dingen sind sie weitaus moderner, als noch zur Zeit ihrer ersten Herrschaft über das vom Krieg zerrissene Land. So haben die Kämpfer in der Hauptstadt Kabul Beschwerde-Hotlines über WhatsApp eingerichtet. Bereits in der Vergangenheit boten die Taliban den Zivilisten ähnliche Telefonnummern, um sich etwa über Gewaltverbrechen, Misshandlungen oder Plünderungen zu beschweren und diese anzuzeigen.

WhatsApp: Messenger sperrt Taliban-Hotline

Die Facebook-Tochter bringt das nun erneut in die Bredouille. Kritiker warfen dem US-Konzern vor, den Taliban eine Plattform zu bieten und diese damit indirekt zu unterstützen. Nun zieht der Messenger-Dienst die Notbremse und sortiert die entsprechenden Kanäle aus.

Doch die Aufräumarbeiten erweisen sich für WhatsApp* als SisyphusAufgabe. Auf die Inhalte der Chats hat der Konzern keinen Zugriff, diese sind End-to-End verschlüsselt und somit auch für die Konzernmutter Facebook* nicht auslesbar. Dem amerikanischen Sender CNBC erklärte ein Sprecher des Unternehmens, man suche gezielt nach Gruppennamen- und -beschreibungen oder entsprechende Fotos, um verdächtige Accounts zu sperren. Am Dienstag (18. August) schaltete das Unternehmen dann auch die Beschwerde-Hotline ab.

WhatsApp-Abschaltung: Kritik von Entwicklungshelfern

Bei Hilfsorganisation traf das Vorgehen von WhatsApp indes auf Kritik. „Wenn die Taliban plötzlich nicht mehr WhatsApp nutzen können, macht es das den Afghanen nur schwerer, in einer panischen Situation kommunizieren zu können“, monierte Ashley Jackson von der Entwicklungshilfe-Organisation Oxfam gegenüber der Financial Times. Die Maßnahme helfe „den Afghanen nicht“, sondern sei „nur Symbolpolitik.“

Laut Jackson wäre die Hotline eine Reaktion der Taliban, auf tatsächlich stattfindende Plünderungen und andere Verbrechen zu reagieren. Da die Gotteskämpfer nun „de facto die Regierung“ stellen, müsse man den Afghanen jede Hilfe zukommen lassen, die diese bekommen können. Und dazu gehöre auch, sich mit den aktuellen Machthabern zu arrangieren.

Taliban-Hotlines sollen Exzesse verhindert haben

Immerhin hatten die Hotlines der Taliban zuletzt durchaus Erfolg. Laut FT konnten über den direkten Draht zu den Terroristen Plünderungen vermieden und in einigen Fällen die Täter überführt werden. Es sei sogar zur Rückgabe von unrechtmäßig angeeignetem Eigentum gekommen, wenn die Taliban über die Plünderungen informiert wurden.

Die Entscheidung, den WhatsApp-Kanal zu sperren, ist daher umstritten. Kritiker vermuten, dass die Maßnahme aus Eigennutz getroffen wurde. Facebook erklärte zwar, dass die Sperrung aufgrund der Einstufung der Taliban als terroristische Vereinigung erfolgte, konnte aber die Frage, warum man dann seit Jahren die Präsenz der Gotteskrieger auf seinen diversen anderen Plattformen erlaube, nicht beantworten. Gegenüber CNBC erklärte Facebook, dass man vermeiden wolle, die offiziellen Regierungskanäle an die Taliban übergeben zu müssen. Man sei nicht in der Position, die Legitimität von Regierungen zu bestimmen.

Taliban-Sprecher kritisiert Facebook

Die Taliban fühlen sich ungerecht behandelt. Auf einer Pressekonferenz wiegelte Taliban-Sprecher Zabihullah Mujahid Fragen nach den Frauenrechten im Land mit dem Hinweis ab, sie sollten bei Facebook nachfragen, diese seien doch „die Fürsprecher für die Meinungsfreiheit“, obwohl „sie selbst Zensur ausüben“.

Beim Sohn des früheren US-Präsidenten Donald Trump kam die Replik gut an. „Lol. aber er hat Recht“, kommentierte Donald Trump jun. einen entsprechenden Hinweis auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.

Taliban: Telegramm statt WhatsApp

Angesichts der härteren WhatsApp-Gangart weichen Afghanen und Taliban nun auf andere Plattformen aus. So gilt vielen inzwischen der Messenger-Dienst Telegram als Alternative. Die Plattform des russischen Milliardärs Pawel Durow ist bekannt dafür, über unrechtmäßige Inhalte gerne hinwegzusehen.

Auch auf US-amerikanischen Apps sind die Radikalen weiter aktiv. So haben offizielle Taliban-Konten hunderttausende Follower auf Twitter - wenn auch bislang ohne die „Zertifiziertes Regierungsmitglied“-Auszeichnung.

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