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„Neger“ und „Zigeuner“ - wann trennen wir uns von manchen Wörtern? Diskutieren Sie mit!

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Die Zigeunersoße - nach wie vor im Sortiment von Supermärkten.
Die Zigeunersoße - nach wie vor im Sortiment von Supermärkten. © Holger Hollemann / dpa

Es gibt im Deutschen viele Wörter, die nicht mehr gesagt werden – weil sie als beleidigend, diskriminierend oder sogar verhetzend gelten. Doch bei manchen Begriffen ist eine Einordnung nicht immer einfach.

Die Empörung war groß, als vor der Wahl der AfD-Landtagskandidat Andreas Winhart bei einer Wahlkampfveranstaltung davon sprach, dass er wissen möchte, ob ein „Neger“ krank sei, wenn dieser ihn anküsst oder anhustet.

Drei Jahre zuvor rutschte dem bayerischen Innenminister Joachim Herrmann (CSU) in der ARD-Talkshow „Hart aber fair“ der Satz heraus: „Roberto Blanco war immer ein wunderbarer Neger, der den meisten Deutschen wunderbar gefallen hat.“

Der Ton macht die Musik

Roberto Blanco reagierte gelassen auf die „RP-Online“-Frage, wie er Herrmanns Äußerung werten würde: „Ich werde Ihnen etwas sagen: Der Ton macht die Musik. Immer. So wie Joachim Herrmann das gesagt hat, war das nicht böse oder rassistisch gemeint. Er hat gesagt, ich wäre ein wunderbarer Neger. Wenn ich zu Ihnen jetzt sage, Sie sind ein wunderbarer weißer Mann, dann wären Sie auch nicht beleidigt.“

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Umfragebild: © Rolf Vennenbernd / dpa

Nun ist Roberto Blanco ein freundlicher, höflicher Mensch und konnte mit seiner Souveränität über die grundsätzliche Problematik bei der Verwendung des Begriffs hinwegsehen. Denn das Wort „Neger“ ist eng mit der Geschichte des Kolonialismus, der Sklaverei sowie der widerlegten Rassentheorie verknüpft. Weil das Wort vor allem herabwürdigend benutzt wurde, wird es deswegen heute kaum noch verwendet.

„Farbiger“ hat ebenfalls seine Tücken, denn es impliziert indirekt, dass andere Menschen dann „Farblose“ sind. Hingegen bietet sich wohl „Afrikaner“ und „Afroamerikaner“ an, analog zu unserer Bezeichnung als Europäer. Doch auch da lauert das Fettnäppchen schon darauf, Ihnen zu erklären, dass der vermeintliche Afrikaner in Deutschland oder in den USA geboren ist und die entsprechende Staatsbürgerschaft hat. 

Zigeunersoße in jedem Supermarkt erhältlich   

Eine Stufe komplizierter wird es mit dem Begriff „Zigeuner“.

In Verwaltungen, Behörden, Zeitungen und Politik wird der Begriff nicht mehr eingesetzt, er steht in Deutschland für die traurige Historie der Verfolgung bis hin zum Genozid während des Nationalsozialismus.

Für den normalen Bürger ist es dennoch kaum nachvollziehbar, weshalb es dann weiterhin von Herstellern wie Kühne und Knorr Zigeunersoße zu kaufen gibt und am Imbissstand Zigeunerschnitzel angeboten werden.

Zudem auch „Sinti“ oder „Roma“ nicht unbedingt die „sicheren“ Bezeichnungen sind. So schrieb schon die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller: „Ich bin mit dem Wort Roma nach Rumänien gefahren, habe es in den Gesprächen anfangs benutzt und bin damit überall auf Unverständnis gestoßen. 'Das Wort ist scheinheilig', hat man mir gesagt, 'wir sind Zigeuner, und das Wort ist gut, wenn man uns gut behandelt.'“

Wer möchte nicht gut behandelt werden? Deshalb ist es ratsam, sich selbst regelmäßig die Frage zu stellen, ob man zwar alles sagen kann, aber immer muss; im Umgang mit Mitmenschen ist eine gewisse Sensibilität auch ohne „Maulkorb“ eine schöne Methode, als angenehmer Zeitgenosse geachtet zu werden.

Diskutieren Sie mit, ob und wie wir unsere Sprachgewohnheiten immer wieder hinterfragen und aktualisieren sollten. 

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